Sightseers Grossbritannien 2012 – 86min.

Filmkritik

Wenn Spiesser Amok laufen

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Im queren Roadmovie von Ben Wheatley mausern sich zwei vermeintlich biedere graue Mäuse zum Killerduo in der englischen Provinz. Und bei dem, was da abgeht, werden sich auch die hartgesottensten Liebhaber des pechschwarzen Humors irritiert die Augen reiben.

Tina ist eine verhuschelte Mittdreissigerin, die bei ihrer neurotischen Mutter lebt, Chris ein grobschlächtiges reaktionäres Mannsbild. Die Zwei kennen sich seit drei Monaten und machen nun erstmals zusammen Ferien. Und der Hobbyautor Chris will dabei für ein Buch über populäre touristische Sehenswürdigkeiten recherchieren. So reist man im Wohnmobil zu Museen, Ruinen und Tropfsteinhöhlen. Der Terminplan ist randvoll, was nicht jede Frau goutieren würde. Doch Tina ist happy. Endlich kommt sie mal unter die Leute und fühlt sich als Frau begehrt: Chris entpuppt sich nämlich als unersättlicher Liebhaber.

Doch schon auf der ersten Reiseetappe zeigt sich, dass die verknallten Ausflügler nicht bloss auf morastigen Campingplätzen bumsen und Würstchen grillieren wollen. Beim Besuch in einem Trammuseum ärgert sich Chris nämlich so sehr über einen Besucher, der Abfälle einfach auf den Boden fallen lässt, dass er ihn wutentbrannt über den Haufen fährt. Und das ist der Beginn einer Reihe von bizarren Aktionen, die das Gebot "Du sollst nicht töten" gnadenlos aushebeln.

Regisseur Ben Wheatley, der mit seinen früheren Filmen wie Down Terrace und Kill List das Phänomen Gewalt originell zelebrierte, inszeniert sein Serienkiller-Potpurri an Originalschauplätzen, von den englischen Midlands bis nach Yorkshire. Und er würzt es mit süffigem 1980er-Sound, etwa mit Kulthits wie "Tainted Love" von Marc Almond oder "The Power of Love" von Frankie Goes to Hollywood. So entsteht eine frivol-beschwingte und doch makabre Atmosphäre mit zwiespältiger Sogwirkung: Als Zuschauer wird man gewissermassen zum Komplizen der tumben Gesetzesbrecher und amüsiert sich dabei. Auch deshalb, weil die Hauptdarsteller (und Drehbuchautoren) Steve Oram und Alice Lowe exzellente Arbeit leisten.

Sightseers ist ein skurriler, interessanter, phasenweise origineller Film über das Böse, das wie aus dem Nichts dem alltäglichen Wahnsinn entspringt. Doch dem Vergleich mit Filmautoren, die sich ebenso auf diesem thematischen Minenfeld bewegen - Quentin Tarantino oder die Coen-Brüder -, hält er nicht stand. Dafür ist die Handlung zu eindimensional und vorhersehbar. Und den Figuren mangelt es an psychologischem Raffinement und Einzigartigkeit.

18.02.2024

3

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Kommentare

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nussknacker

vor 11 Jahren

Schwarzer, britischer Humor.... vermischt mit viel Blut


engel07

vor 11 Jahren

Was dieser Film mit rabenschwarzem Humor zu tun haben soll, ist mir absolut schleierhaft. Er ist weder witzig, noch unterhaltsam, sondern nervt mit der Zeit einfach nur noch. Einziger Lichtblick sind die schönen Landschaften.


Einschi

vor 11 Jahren

Seeeehr schräg, einige urwitzige Momente, aber irgendwie dann doch zu speziell, hinterlässt einen sprachlos und leicht verstört.


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