Im August in Osage County USA 2013 – 121min.

Filmkritik

Schlammschlacht mit Superstars

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Theaterstücke auf die Leinwand zu transferieren – das ist ein Unterfangen, an das man sich in Hollywood eher selten wagt. Wohl auch, weil sie sich meist weder so unkompliziert noch so erfolgreich adaptieren lassen wie beispielsweise Comic-Verfilmungen. Daran ändert sich im Falle von August Osage County auch nichts durch die Tatsache, dass Autor Tracy Letts gleich selbst das Drehbuch verfasst hat.

Der Titel bezieht sich in diesem Fall auf einen brütend heißen August in Osage County, mitten in der Einöde von Oklahoma. Dort ist gerade der einst angesehene und dem Alkohol mehr als zugeneigte Schriftsteller Beverly Weston (Sam Shepard) verschwunden, seine an Mundkrebs und Tablettensucht leidende Frau Violet (Meryl Streep) trommelt die Großfamilie zusammen. Alle kommen, auch wenn kaum jemand es gerne zu tun scheint: die älteste Tochter Barbara (Julia Roberts) samt Noch-Ehemann (Ewan McGregor) und Tochter (Abigail Breslin), ihre Schwester Karen (Juliette Lewis) mit neuem Verlobten, die ohnehin um die Ecke lebende Jüngste Ivy (Julianne Nicholson) sowie Violets Schwester (Margot Martindale), deren Mann Charles (Chris Coopers) und später auch noch deren Sohn Little Charles (Benedict Cumberbatch). Die Stimmung in diesem Haushalt voller abgründiger Geheimnisse, Rivalitäten und Gemeinheiten ist alles andere als harmonisch. Und sie wird nicht besser, als Beverly tot aufgefunden wird.

Bitterböse, zwischendurch brüllend komisch und letztlich hochgradig tragisch ist August Osage County, wobei die Stimmungen auf der Leinwand mitunter so sehr ins Extreme schwanken, dass man kaum weiß, für wen und wie lange man hier eigentlich Empathie aufbringen soll. Letts' Drehbuch, das sich ein paar Veränderungen gegenüber der Vorlage erlaubt, weiß immerhin mit gestochen scharfen Dialogen zu überzeugen, was nicht zuletzt deswegen wichtig ist, weil hier kaum mehr passiert als dass Familienmitglieder an Tischen sitzen und reden. Das ausgesprochen prominente Ensemble ist diesbezüglich natürlich auch viel wert, wobei es besonders Roberts als verbitterte Tochter sowie Martindale, Cooper und Nicholson hervorzuheben gilt.

Was August Osage County allerdings gut getan hätte, wäre vermutlich ein erfahrenerer und visionärerer Regisseur als John Wells (The Company Men), der den Großteil seiner Karriere als TV-Produzent bestritten hat. Der hätte es vielleicht geschafft, Meryl Streep in ihrem Furien-Modus immer dann in die Schranken zu weisen, wenn sie die Grenze zur Karikatur allzu weit überschreitet. Und vielleicht hätte er der Geschichte auch noch mehr ihre Nähe zum Theater ausgetrieben und zu ein bisschen mehr emotionaler Tiefe unterhalb der polierten Dialoge verholfen, die gerade im Kino so wichtig ist.

18.02.2024

3

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Kommentare

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8martin

vor einem Jahr

Ein Promi Ensemble erster Güte, das sich um das total kaputte Familienoberhaupt Mama Violet (Meryl Streep) schart. So grauslich hat diese noch nie im Film ausgesehen. Sie spielt die totkranke (Mundkrebs), tablettenanhängige ‘Giftspritze‘ von einer Mutter grandios, die im Haus umherfällt, raucht und flucht, beleidigt und auch vor Handgreiflichkeiten nicht zurückschreckt. Ein Monster! Dabei haben ihre drei Töchter Barbara (Julia Roberts), Ivy (Julianne Nicholson) und Karen (Juliette Lewis) Probleme genug. Und alle hassen ihre Mutter und einander. Daneben gibt es noch ihre Schwester Mattie Fae (Margo Martindale) und ihr Mann Charlie (Chris Cooper), sowie kiffende Enkel und Schwiegersohn Bill (Ewan McGregor). Und aus einem liebenden Cousin und einer liebenden Cousine werden Geschwister und damit eine inzestuöse Beziehung.
Der Vater (Sam Shepard) ein Alkoholiker, hat sich im See das Leben genommen. Verständlich bei dem Anhang. Zum Leichenschmaus kommt der ganze Clan zusammen, um sich zu beharken, daneben zu benehmen und wieder zu verschwinden. Natürlich will auch keiner der Kinder die totkranke Violet pflegen. Sie bleibt allein zurück mit dem indianischen Hausmädchen Johnna (Misty Upham), das sich zuvor noch heftigsten Beleidigungen ausgesetzt sah. Sie ist die einzige halbwegs menschliche Seele in diesem menschlichen ‘Müllhaufen‘. Auch wenn ihr schon mal der Kragen platzte und sie mit einer Schaufel zuschlug. Da stellt sich Violet schon mal die Frage, ob denn alle hier ‘feindselig‘ oder auch ‘wahrheitsselig‘ sind. Sie wird mit Johnna allein zurückbleiben im Haus in Osage County in den weiten Plains von Oklahoma, die ein ‘Gemütszustand‘ sind und zwar einer der melancholischen Art.Mehr anzeigen


Janissli

vor 7 Jahren

Gut gespielte & sehr abgedrehte Familiengeschichte. Meryl Streep hat einem im Film richtig Angst gemacht, sie hat eine sehr rohe und gefühlslose Mutter gespielt.


Barbarum

vor 8 Jahren

"August: Osage County", basierend auf einem Theaterstück, mag vor allem für die Schauspieler als Gelegenheit erschienen sein, ihre Kunst zu demonstrieren, für den Kinozuschauer aber ist es über weite Strecken eine Zumutung.


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