Blue Jasmine USA 2013 – 98min.

Filmkritik

Zurück zum Neustart

Stefan Gubser
Filmkritik: Stefan Gubser

Wahnsinnig tragisch: Woody Allen lässt Cate Blanchett als Gattin eines Finanzhais in San Francisco stranden. Einen Fuss auf den Boden kriegt sie auch im Hause ihrer prolligen Schwester nicht.

Barcelona? Wo ist der letzte wirklich gute Woody Allen her, seit der verblühende Neurosenzüchter sich aufmachte, in Europas Metropolen Filme zu drehen, die bald besseren Werbeprospekten glichen? London, Paris, zuletzt Rom: Der 78-Jährige scheint zu einem Wanderarbeiter geworden, von dem keiner weiss, ob er dem Geld der Tourismusverbände nachreist oder mit seiner jungen Familie noch die "alte Welt" sehen will, die ihn so verehrt wie seine alte Heimat New York, wo er seit 2005 nur noch einen einzigen Film drehte: Whatever Works - und nicht mal der hatte so richtig funktioniert.

Für Blue Jasmine ist Allen wieder nach Amerika zurückgekehrt - an jene Westküste, die der Rastlose früher sogar mied, wenn sie ihn mit Oscars lockten. Ausgerechnet in Kalifornien glückt Allen der wohl beste Film seit Match Point, jenem Kriminaltango mit Scarlett Johansson, der Allens Spätwerk bekanntlich einläutete, und mit der grandiosen Cate Blanchett zieht wieder mal eine Blondine, die natürlich das Zeug zur nächsten Allen-Muse hat, alle Blicke auf sich. "Fresh start, go west", sagt sie fast programmatisch zu Beginn, bevor sie an der Haustür der Stiefschwester (Sally Hawkins, für einmal angenehm unüberdreht) klingelt. "Wo bin ich denn hier gelandet?"

In San Francisco. Auf dem harten Boden einer Realität, auf dem Manolo Blahniks so wenig Halt bieten wie die Handtasche von Louis Vuitton, an die Jasmine sich klammert wie an die "Idée fixe" noch immer die Mehrbessere zu sein als ihre geschiedene Schwester, die immerhin ihr eigenes Geld verdient. Bloss: Wie soll Jasmine wider auf die Beine kommen, wo sie nicht einmal weiss, wie man einen Computer anwirft? Wie geht Klarsicht, wenn immer eine Sonnenbrille den Blick auf die Golden Gate Bridge verdunkelt? Ganz ohne Postkartenbilder geht es auch diesmal nicht, erhellender jedoch sind die Rückblenden auf die Vorgeschichte: Szenen einer Ehe, Jasmine an der Seite eines Bernie-Madoff-Verschnitts (Alec Baldwin), der sich mit dem Vermögen und auf Kosten Anderer sein Luxusleben in New York und den Hamptons erschwindelt. Affären, Anwälte, Auffliegen: Er war der Hochstapler, aber Jasmine fiel tiefer.

Woody-Allen-Filme kamen in der Regel dann besser, wenn kein Schauspieler versucht sein musste, den alternden Meister zu imitieren. Cate Blanchett, für ihren Auftritt mit dem zweiten Oscar ihrer Karriere ausgezeichnet, wäre sicher auch das leicht gefallen, sie war ja sogar als Bob Dylan so gut wie das Original. Bemerkenswert humorfrei dekliniert Allen das Drama einer Verblendeten durch: Blue Jasmine ist die Tragödie einer Frau, die sich für das Leben zu fein ist, das ihr noch beschieden ist, aber nicht die Kraft hat, sich so dem alten zu stellen, dass sie sich von ihm lossagen könnte. Blue Jasmine wird zu recht als eine späte Replik auf Endstation Sehnsucht gelesen. Aber was ist schon ein bisschen Unterbau, wenn man dabei zuschaut, wie jemand untergeht.

17.02.2024

4

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Kommentare

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Bert_go

vor 7 Jahren

Woody Allen war noch nie mein Fall. Auch hier fremdle ich mit der Story. ABER: die Performance von Cate Blanchett ist einfach sensationell gut! Sally Hawkins und Alec Baldwin spiele ebenfalls großartig.

Zuletzt geändert vor 7 Jahren


Barbarum

vor 7 Jahren

Woody at his worst. Trotz des famosen Spiels von Blanchett und Hawkins ist der Film kaum erträglich.


capote

vor 10 Jahren

Eine überragende Leistung von Cate Blanchett.


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