Der Geschmack von Apfelkernen Deutschland 2013 – 121min.

Filmkritik

Süß-saures Gefühlskino

David Siems
Filmkritik: David Siems

Bestsellerverfilmung aus Deutschland: Die Vorlage von Katharina Hagenas' Erfolgsroman macht Regisseurin Vivian Naefe zum heimeligen Gefühlskino für erwachsene Frauen. In den Hauptrollen glänzen Hannah Herzsprung, Marie Bäumer und Meret Becker mit rotreifen Äpfeln um die Wette.

Ein bisschen kitschig war es eigentlich schon, was Katharina Hagemann da vor ein paar Jahren für ihren Debütroman zusammenrührte: Sie erzählte die Geschichte dreier Frauen über drei Generationen, zusammengehalten durch ein Familienhaus in der norddeutschen Tiefebene. Nach einer unglücklichen Liebesnacht frieren plötzlich die Apfelbäume im Garten. Schippern die Gefühle der Figuren wieder in wärmere Gewässer, öffnen sich auch die Knospen und die Blüten zeigen sich gar zweimal während eines Jahres. Manchem Leser schlug diese Symbolik etwas auf den Magen, doch einem Millionenpublikum mundete diese Geschichte wie warmer Apfelkuchen mit Sahne.

Und nun der Film: Mit Vivian Naefe geht hier eine erfahrene Regisseurin zu Werke, die sich zuletzt eigentlich auf die emotionalen Verwirrungen tapferer Teenie-Mädchen inmitten der Pubertät spezialisierte. Ihre Wilde Hühner-Trilogie war wohltemperiertes und gemütliches, aber letztlich schmerzloses und konfliktfreies Adoleszentenkino. Mit Der Geschmack von Apfelkernen steigt der Anspruch, den die Hamburger Filmemacherin auf recht konventionelle, aber überzeugende Weise meistert.

Das zentrale Motiv des Buchs stellt auch sie anschaulich in den Mittelpunkt: Vergessen wir nur die Dinge, die wir vergessen wollen? Wohin entschwinden unsere Gedanken, wenn sie zu Ende gedacht sind? Die träumerische und zum Teil mystische Note des Buchs fängt die Regisseurin hier mit lichtdurchfluteten Bildern ein, etwa wenn ihre Protagonisten durch die titelgebenden Apfelgärten schweben und sinnlich in die Ferne schauen.

Mit Hannah Herzsprung, Marie Bäumer und Meret Becker hat der Film glücklicherweise die optimale Besetzung, um intellektuelles Anspruchskino für ein Massenpublikum zu realisieren. Die männlichen Zuschauer werden indes darüber grübeln, warum ausgerechnet der verkopfte Schlaffi Max (Florian Stetter) eine so große Anziehungskraft auf die Frauen (und wahrscheinlich auch auf viele Zuschauerinnen) ausübt. Doch genauso wie das Buch von der Enkelin, zur Mutter und schließlich zur Großmutter weitergereicht wird, eignet sich auch dieser Film zum generationsübergreifendem Wohlfühlkino mit dramatischer Note. Zwar wünscht man sich in diesem Film von einem Apfel manchmal ein bisschen mehr "Wurm", aber die süß-saure Mischung macht ihn immer noch zu einem kurzweiligen Erlebnis.

18.02.2024

3

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