Genug gesagt USA 2013 – 94min.

Filmkritik

Liebe Mitte 40

Patrick Heidmann
Filmkritik: Patrick Heidmann

Zwei geschiedene Mittvierziger lassen sich noch einmal auf das Wagnis Liebe ein: Der viel zu früh verstorbene Sopranos-Star James Gandolfini glänzt in seiner letzten Kinorolle an der Seite von Seinfeld-Legende Julia Louis-Dreyfus.

Während der Sopranos-Star sonst auf eher ernste bis brutale Rollen festgelegt war und vor allem im Kino meist nur die zweite Geige spielte, übernimmt er in dieser Komödie von Nicole Holofcener die zweite Rolle – und gibt den liebenswerten Schluffi. Als Albert tritt er auf einer Party in das Leben der allein erziehenden Masseuse Eva (Julia Louis-Dreyfus), und die beiden beginnen sich zu daten. Zwei eher einsame Seelen mit allerlei eigenwilligen Macken, die nicht mehr unbedingt mit Glück in der Liebe gerechnet hatten. Als Eva, die nebenbei auch mit dem bevorstehenden Auszug ihrer Tochter ringt, allerdings realisiert, dass Albert der Ex-Mann ihrer neuen Bekannten Marianne (Catherine Keener) ist, lässt sie sich von deren Lästereien beeinflussen – und trifft eine folgenschwere Entscheidung.

Man kann Enough Said angesichts der Thematik durchaus als romantische Komödie bezeichnen. Doch als solche ist sie eine Besonderheit, die sämtliche Beiträge zu diesem Genre der letzten Zeit weit hinter sich lässt. Zum einen natürlich, weil es noch immer eine Seltenheit ist, dass Geschichten wie diese von (auch emotional) erwachsenen Menschen in der zweiten Lebenshälfte handeln und sich mit echten Konflikten statt Oberflächlichkeiten auseinandersetzen. Zum anderen aber ist es das fabelhafte Ensemble, das den Film zu einer so sehenswerten Angelegenheit macht.

Gandolfini hat sichtbar Freude daran, endlich einmal seine nette und witzige Seite präsentieren zu können, was Enough Said als Vermächtnis umso berührender macht. Keener, Toni Collette oder Ben Falcone (Bridesmaids) überzeugen ebenso wie die jungen Darstellerinnen (darunter Bonos Tochter Eve Hewson und Bloggerin Tavi Gevinson). Und im Zentrum des Ganzen brilliert TV-Ikone Julia Louis-Dreyfus (Seinfeld), die bei einem ihrer ganz seltenen Kino-Abstecher einmal mehr beweist, dass ihr in Sachen komödiantischen Timings niemand das Wasser reichen kann.

Getragen wird dieser immens sympathische Film natürlich von Holofceners Drehbuch, in dem die Lacher zahlreich und eine gewisser Lebensbitternis trotzdem omnipräsent sind. Auch inszenatorisch überzeugt die Amerikanerin (Friends With Money) in ihrer unaufgeregten Art mehr denn je, nicht zuletzt mit ihrem Händchen für Dinner-Szenen. Nun könnte man womöglich – wie bei ihrem großen Vorbild Woody Allen – einwenden, dass die Dialoge vielleicht zu pointiert und geschliffen sind, um dem echten Leben zu entstammen. Doch dafür sind die Emotionen in Enough Said umso wahrhaftiger.

18.02.2024

4

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Kommentare

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Rockabilly_ZH

vor 10 Jahren

endlich mal nicht "typisch Hollywood"! Unterhaltsam und ein perfekter Mix aus verschiedenen Genre.


rioty

vor 10 Jahren

Schöner Film. Gute Unterhaltung. Nicht das klassische Hollywood-Genre.


seeyouto

vor 10 Jahren

Man muss schon den Gandolfini-Typ mögen, damit der Film Spass macht. Die Julia Louis kommt toll rüber. Solche Filme reichen auch für einen TV-Abend.


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