Locke - No turning back Grossbritannien, USA 2013 – 85min.
Filmkritik
Die Nacht der Entscheidung
Eine Nacht, ein Mann im Auto und ein Telefon: Das sind die Ingredienzien eines aussergewöhnlichen Psychothrillers. Ein Mann lässt alles hinter sich, um einer Frau bei einer Geburt beizustehen. Es ist nicht seine Ehefrau. Das packende Kammerspiel von Steven Knight vereint Ort und Zeit und ist Kino pur – schnörkellos und ungeschminkt.
Die Nacht bricht an: Ivan Locke, Bauleiter einer Grossbaustelle in Birmingham, gibt Anweisungen für den nächsten Tag, an dem das Fundament eines Grossprojekts gegossen werden soll. Doch er wird persönlich nicht anwesend sein. Er hat sich gegen seinen Job und für ein persönliches Engagement entschieden.
Er steigt ins Auto und steuert von Birmingham nach London. Dort wartet Bethan, offensichtlich ein "One-night-Stand", auf die Geburt ihres Kindes. Locke will dabei sein und sich nicht wie sein Vater davonstehlen, der einst seine Mutter im Stich gelassen hatte. Pausenlos hängt Locke am Telefon, um seinen verunsicherten Kollegen Donal für die wichtige Betonlieferung "fit" zu machen, gleichzeitig seinen Boss zu beschwichtigen, seiner Frau Katrina reinen Wein einzuschenken und die bange Bethan zu beruhigen.
Kein Schnitt zur Baustelle oder in die Geburtenklinik, auch nicht zu Lockes Söhnen. Schauplatz und "Tatort" bleibt ein Auto und das Gesicht eines Mannes hinter dem Lenkrad. Es gibt nur wenige Filme, die so radikal Ort, Zeit und Handlung verschmelzen und reduzieren wie Locke. Buried (2010) von Rodrigo Cortés war auch so einer: Ein Mann, in einem Sarg gefangen, kämpft um sein Leben. Held und Opfer Locke, verantwortungsvoll bis zur Selbstaufgabe, steht zu seinem Fehltritt – mit allen Konsequenzen. Er, der Fachmann für solides Beton-Fundament, hat selber sein Fundament verloren. Er weiss, dass sein Bekenntnis und seine Entscheidung, nach London zu fahren, Beruf und Karriere, Vertrauen und Familie zerstören werden. Lockes schier alltägliche Tragödie besteht darin, dass er quasi ein neues Fundament in seinem Leben baut, während ihm die Grundlage für sich und seine Familie wie Treibsand entgleitet.
Der Film steht und fällt mit seinem Hauptdarsteller. Man hört ihn sprechen, hört Stimmen am Telefon, und starrt doch permanent wie gebannt in das Gesicht des 37-jährige Londoners Tom Hardy. Autor und Regisseur Steven Knight fesselt mit seinem minimalistischen Psychodrama und setzt die aristotelische Dramentheorie, nach der Ort, Zeit und Handlung eine Einheit zu bilden habe, perfekt um. Erstaunlich: Steven Kinights Thriller einer Nacht hat mehr Dichte und Spannung als manch aufgeblähter Actionthriller.
Dein Film-Rating
Kommentare
Mal ganz was anderes... da es visuell relativ monoton ist, kann man ausnahmsweise etwas nebenbei zum Fernsehen tun. Die Handlung/Geschichte, die schauspielerische Leistung und das ganze an sich, war sehr packend! Top Film.
Mann wünscht sich, er dürfte mit seinen Jungs den Match-Sehen spielen...
Praktisch der ganze Film spielt sich im Auto ab, per Telefongespräche
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