The Grandmaster China, Hongkong 2013 – 130min.

Filmkritik

Die Magie der unerfüllten Liebe

Michael Lang
Filmkritik: Michael Lang

Wong Kar-Wai inszeniert ein furioses Abenteuer- und Liebesepos – mit den charismatischen Stars Tony Leung und Zhang Ziyi. Es erzählt aus der Vita des legendären Martial-Arts-Maestros Ip Man, der später zum Mentor des unvergessenen Kung-Fu-Meisters Bruce Lee wurde.

Wong Kar-Wai zeigt sofort, was für ihn Kung-Fu ist: keine tumbe Haudrauf- oder Knochenbrecher-Orgie, kein effekthascherischer Schaubudenplausch. Der asiatische Filmästhet huldigt der hohen Schule des Kung-Fu-Kampfes, der technischen Präzision, der Disziplin - mit einem atemberaubenden Schnitt- und Bildgewitter im strömenden Regen. Dort bodigt der stets stilvoll gekleidet Ip Man (Tony Leung), immer den weissen Fedora-Hut auf dem Haupt, eine Horde furchterregender Angreifer. Und weil das so toll gemacht ist, wird selbst der skeptische Laie von der Martial-Arts-Philosophie gefesselt.

Nach der martialischen Ouvertüre kommt der kühnste chinesische Filmemacher zur Sache. Er berichtet von Ip Man, dem Sohn einer wohlhabenden Familie aus Südchina. Im Jahr 1936 will er sich mit Gong messen, einem berühmten Altmeister aus dem Norden. Es soll klar werden, welche Kampfethik dominiert. Jetzt steht ein viel subtilerer Tanz der schnellen Hände und Beine an, der an eine hochkomplexe Schachpartie erinnert. Es obsiegt zwar der Jüngere, doch man geht ohne Hass auseinander. Wie es der Kodex unter Ehrenmännern erheischt.

1937 wird das Reich der Mitte vom zweiten sino-japanischen Krieg mit den Gräueln der japanischen Besetzung erschüttert. Und nach anderen Wirren etabliert Mao Tse-Tung 1949 sein kommunistisches Regime. Wong Kar-Wai deutet die Zeitgeschichte diskret an, steuert aber einem intimeren Beziehungsdrama zu.

Es handelt von schicksalhaften Begegnungen des inzwischen verarmten Ip Man, der Kinder und Frau verloren hat, und der streitbaren Gong Er (Zhang Ziyi), der Tochter seines einstigen Rivalen Gong. Sie will Rache üben am Mörder ihres Vaters, aber zuerst - um der Familienehre und ihres Seelenheils willen – Ip Man gegenübertreten. Und so erlebt man in einem elegant-verruchten Bordell einen betörend sinnlichen, erotisierenden Showdown.

Martial-Arts-Starchoreograph Yuen Woo-Ping (Kill Bill: Vol. 2) und das grandiose Darstellerpaar Tony Leung und Zhang Ziyi ziehen in The Grandmaster alle Register ihres Könnens. Und wenn man dann - bitte erst nach dem Abspann! - in die Realität zurückkehrt, wird wieder klar, dass es nur einen gibt, der so kühn und magistral die Melancholie von unerfüllter Liebe beschwört: Wong Kar-Wai.

03.05.2024

4

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Kommentare

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virtale

vor 11 Jahren

Schaut lieber House of the flying Daggers


Rockabilly_ZH

vor 11 Jahren

Story: etwas strub. Kampfszenen: top. Schauspieler: überzeugend


fanya

vor 11 Jahren

Die Geschichte ist schwach und die Charaktere und deren Schicksal haben mich nicht berührt, aber die Actionszenen sind wunderschön stilisiert.


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