A Little Chaos - Die Gärtnerin von Versailles Grossbritannien 2014 – 117min.

Filmkritik

Kultivierte Langeweile

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Die Entstehung der prunkvollen Gartenanlage von Versailles dient in der zweiten Regiearbeit des britischen Schauspielers Alan Rickman als Hintergrund für ein romantisches Drama rund um eine starke Frauenfigur. Das Ergebnis: Ein hübsch bebilderter, allerdings hausbackener und träge vor sich hin plätschernder Ausstattungsfilm, dem es definitiv an Ecken und Kanten fehlt.

Frankreich im ausgehenden 17. Jahrhundert: Der Gartenarchitekt André Le Nôtre (Matthias Schoenaerts) soll im Auftrag von König Ludwig XIV. (Alan Rickman) eine pompöse Parkanlage für Schloss Versailles entwerfen und sucht dazu nach fachkundiger Unterstützung. Erstaunlicherweise entscheidet er sich ausgerechnet für die Landschaftsplanerin Sabine De Barra (Kate Winslet), deren leicht chaotischer Ansatz seinem Ordnungs- und Symmetrieprinzip diametral entgegensteht. Die leidenschaftliche Gärtnerin macht sich umgehend an die Errichtung eines Ballsaales unter freiem Himmel, eckt mit ihrem unprätentiösen Auftreten jedoch rasch bei Hofe an. Gleichzeitig fühlen sich Sabine und der verheiratete André immer stärker zueinander hingezogen.

Auch wenn A Little Chaos über seine üppige Ausstattung die Epoche des Barocks aufleben lässt, erhebt der Film sicherlich keinen historischen Anspruch. Offensichtlich wird dies schon in der Zeichnung der Protagonistin, die aus der Zeit gefallen scheint. Handelt es sich bei der fiktiven Sabine De Barra doch um eine geradezu moderne, selbstbestimmte Frau, die ihre unangepassten Vorstellungen von Kreativität auch in einem männlich dominierten Umfeld zu verteidigen weiß. Voll entfalten kann sich der emanzipatorische Gedanke allerdings nicht, da der Plot häufig auf Belanglosigkeiten abhebt und in theatralischem Gehabe erstarrt.

Das Publikum sieht sich einer wenig leidenschaftlich wirkenden Romanze gegenüber. Hinweise auf einen traumatischen Schicksalsschlag der Hauptfigur sind recht uninspiriert in die Geschichte eingebettet. Die augenzwinkernde Entlarvung von Schein und Sein am königlichen Hof fällt etwas zu beiläufig aus. Und Spannung kommt selbst dann nicht auf, als Andrés intrigante Ehefrau (Helen McCrory) Sabines Gartenprojekt sabotiert. Schade ist auch, dass sich der Appell für künstlerische Freiheit und der Aufruf zu unkonventionellem Denken, auf die der Filmtitel anspielt, nur bedingt aus der Handlung ableiten lassen.

Schöne Bilder, die stellenweise sogar an prächtige Gemälde erinnern, und Alan Rickman als herrlich affektiert auftretender Sonnenkönig reichen unter dem Strich einfach nicht aus, um das barocke Treiben in ein berauschendes Kinoerlebnis zu verwandeln.

18.02.2024

2

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Kommentare

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8martin

vor 9 Jahren

Alan Rickman hat einen sehr hollywoodesken Film auf die Leinwand gebracht, mit viel Licht und auch ein bisschen Schatten.
Zunächst überzeugt die äußerst pompöse Ausstattung. Da wird nicht gekleckert. Dann steht natürlich neben der Gartengestaltung (Thema) eine vorhersehbare Liebesgeschichte im Mittelpunkt. Die beiden Darsteller Kate Winslet als Sabine de Bara und Matthias Schoenearts als André le Notre bringen das auch ganz passabel rüber. Kate macht auf emanzipierte Frau mit Hochachtung vor dem Adel und Matthias kommt als eine Opfer der Verhältnisse daher, ungebunden verheiratet und von Kate entzückt, genau wie Ludwig XIV. (Alan Rickman). Das Zusammentreffen von König und Gärtnerin ist ein darstellerischer Leckerbissen. Die Retro mit Kates Verlust von Ehemann und Tochter ist etwas ungeschickt eingebaut und ihre Aktion beim Schließen der Schleuse eigentlich eher etwas für Stallone oder Kurt Russell. Das fällt auch etwas aus dem Rahmen dieses im Grunde ruhigen Films.
Die Handlung ist frei erfunden und da drängen sich dann schon bisweilen Zweifel an der historischen Korrektheit im Detail auf (z. B. Blenheim Palace lässt grüßen!), so sehr sich auch Drehbuch und Regisseur darum bemühen. Bis zum letzten Bild.
Egal, man fühlt sich gut unterhalten. Das macht die Suggestivkraft der Bilder. Wenig Überraschenden, vieles angenehm Wohltuendes in diesem kleinen Chaos, in das die Gärtnerin etwas Ordnung bringt.Mehr anzeigen


monsoleil

vor 9 Jahren

Ok, aber auch nicht mehr.


tuvock

vor 9 Jahren

Was auch witzig war, im Winter gab es fast keine funktionierenden Kaminen, zu teuer und zu unschön, also haben sich die reichen Leuten oft im Bett mit Hunden gewärmt. Das einzige was Scheißhaus bezeugt ist ein Sessel mit Loch im Boden so was hatte man, aber keine fixen Toiletten. Ich hatte gerne mal einen Film gesehen über Manchen Höflingen ist selbst der Rest an Scham, sich in einen Winkel zurückzuziehen, abhandengekommen: die Prinzessin von Harcourt, das war eine berühmte Falschspielerin, wenn die scheißen mußte und pissen mußte, tja getarnt nur von ihrem weiten Unterrock, wo sie gerade steht – und überlässt es ihren Dienerinnen, hinter ihr aufzuwischen. Damals drehte sich wie im Film leider zu wenig gezeigt wurde alles um den König man mußte wegen allem warten egal wie schlecht dir war, hat der König nicht gefuttert darfst du nicht aufstehen, ist dir schlecht Pech gehabt, Lust, Langeweile waren damals verbreitet, vieles war dekadent und ohne Geld einfach nur Bauer gewesen ja ein Horror Leben.

So im Ganzen ist der Film gut gedreht aber nicht super. Es fehlt mir einiges, an Historizität, und auch die Kostüme, man sah einige aber nicht viele. Einige gute Momente hatte der Film aber im Großen und Ganzen war er nur einfach und gewöhnlich. Ach es gab so einiges nicht im Film, schauspielerisch war er nicht übel, die Leute spielen sich selber und es fehlt einiges leider, ich bin aber trotzdem froh den Film gesehen zu haben, hätte mir aber mehr Spannung gewünscht. So gut aber gefiel er mir nicht dass ich mehr als 79 von 100 Punkten vergebe.

Lustig wäre es zu sehen, 270 Leibstühle gab es, wie die Leute so saßen, oft Stunden und dort sogar Audienzen empfingen. Naja, man hatte damals halt wenig Scham. Wie gesagt ob er sich wirklich so wenig wusch weiß man nicht aber er hat sich mit Kölnisch Wasser abreiben lassen. Und wer was über die Perücken wissen möchte. Die Hygiene war - bis etwa 1750 - katastrophal. Die zahllosen Bittsteller, Festgäste und die Wachsoldaten verrichteten ihre Notdurft, wo sie gerade standen. Überreich aufgetragener Puder auf der Basis von giftigem Bleioxid bewirkte stinkenden Atem und Zahnausfall und ließ die Frauen vorzeitig altern. Türme von kunstvollen Perücken erstickten das natürliche Haar. Und aus den riesigen Perücken krabbelten die Läuse. Der Sonnenkönig war immerhin schlau genug, sich in die Haargebirge Fensterchen einbauen zu lassen, damit sein Naturhaar etwas Zugluft bekam.Mehr anzeigen


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