Citizenfour Deutschland, Grossbritannien, USA 2014 – 114min.
Filmkritik
Big Brother is watching you
Auf einer rein filmischen Ebene ist Citizenfour sicherlich kein Meisterwerk – dafür gab es die Oscar-Nominierung als bester Dokumentarfilm nicht. Aber dies ist ein Film, dessen Inhalt wichtiger ist als seine Präsentation - die Botschaft ist dabei mächtiger als ihr Überbringer. So konzentriert sich Citizenfour zwar auch auf Edward Snowden, aber es ist nicht seine Geschichte, die erzählt wird.
Die Dokumentarfilmerin Laura Poitras und der Journalist Glenn Greenwald erhalten E-Mails von einer anonymen Quelle namens Citizenfour. Die Quelle spricht von unglaublichen Dingen, von einem Überwachungsapparat, den die NSA aufgebaut hat, der selbst George Orwells Dystopie "1984" wie einen angenehmen Traum erscheinen lässt. Beide stimmen zu, die Quelle in Hong Kong zu treffen. Der Mann ist Edward Snowden, aber es ist nicht seine Geschichte, die er erzählen will. Er will der Welt die Augen darüber öffnen, wie sehr sie unter Beobachtung steht.
Die filmische Umsetzung ist recht behäbig, spielt sich ein großer Teil des Films doch in Edward Snowdens Hotelzimmer in Hong Kong ab, wo Greenwald und seine Kollegen den NSA-Whistleblower interviewen. Es sind Talking Heads, die hier dominieren, aber die unaufgeregte und zurückhaltende Präsentation ist durchaus auch von Vorteil. Denn Spielereien nehmen dem nichts, was wirklich im Vordergrund stehen muss: die vielleicht größte und schockierendste Enthüllung über den Bruch von Bürgerrechten, den es jemals in der Geschichte der Menschheit gegeben hat.
Citizenfour ist ein Stück moderner Zeitgeschichte. Geschichten wie diese wurden früher in retrospektiver Form dokumentarisch aufgearbeitet, aber Citizenfour hat den Vorteil, direkt an der Quelle zu sitzen. Man erlebt hier mit, wie sich der komplette NSA-Skandal entwickelt hat, von den ersten unscheinbaren Nachrichten an Reporter bis zur Publikation der Informationen und der weltweiten, vor allem aber auch amerikanischen Reaktion darauf.
Der Film zeigt auf, wie sehr die Überwachung bereits eingesetzt hat, wie wenig man im Internet noch privat sein kann, und wie gefährlich das sein kann. Weil Menschen sich nicht im Mindesten dafür interessieren, was mit ihren Daten passiert. Weil der Überwachungsapparat niemandem Rechenschaft schuldig ist. Er wird selbst nicht überwacht, nimmt jedoch die Weltgemeinschaft in Geiselhaft. Vertreter der NSA lügen und verschleiern vor Kongress-Anhörungen, Regierungen übernehmen keine Verantwortung, auf der Strecke bleibt die Freiheit, die dem brüchigen Versprechen von Sicherheit geopfert wird. Auch wenn er es nicht ändern kann, so macht Citizenfour wenigstens darauf aufmerksam.
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Gehört in die Grundausbildung für jeden Netzbenutzer - Startbildung für hoffentlich smarte Nutzer - Wecker 1. Klasse
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