Diplomatie Frankreich, Deutschland 2014 – 84min.
Filmkritik
Wortgefecht um Paris
Volker Schlöndorff präsentiert eine beinah unglaubliche Geschichte: Es bestand eine reale Gefahr, dass Paris im August 1944 von den deutschen Besatzern zerstört worden wäre. Cyril Gély hat diesen Stoff zu einem Theaterstück verarbeitet, welches die Entscheidung in einem langen Gespräch zwischen dem deutschen Stadtkommandanten und dem schwedischen Generalkonsul reifen lässt. Schlöndorff bietet im Film mehr als Worte, Gestik und Mimik, reduziert dadurch aber die Wirkung dieses Duells mit ungleichen Waffen.
Wie armselig wäre doch das Leben eines Kinogängers, wenn es keine Filme gäbe, die in Paris spielten! Man kann diesen Gedanken natürlich auch auf einige andere Städte anwenden, Paris ist aber nicht nur Schauplatz einer langen Reihe gelungener Filme, es ist nicht selten weit mehr als nur Hintergrund und Atmosphäre, wird von der Regie richtig in Szene gesetzt.
Es scheint aber an einem dünnen Haar gehangen zu haben, dass es Paris in seiner heutigen Gestalt gibt: Als im August 1944 die deutsche Besetzung Frankreichs kurz vor dem Ende stand, gab Hitler den Befehl, Paris in Schutt und Asche zu legen. Der schwedische Generalkonsul (André Dussollier) - in Paris geboren und aufgewachsen - besuchte den deutschen General von Choltitz (Niels Arestrup) in der Nacht vor der geplanten Sprengung und versuchte sie zu verhindern. Dies ist die Ausgangslage des Theaterstücks von Cyril Gély aus dem Jahre 2011, das Volker Schlöndorff zusammen mit Gély in ein Drehbuch umarbeitete und mit französischen und deutschen Schauspielern verfilmte.
Schlöndorff konnte mit Literaturverfilmungen seine größten Erfolge feiern - siehe dazu auch das Gespräch mit ihm -, ein Theaterstück war allerdings bisher nicht darunter, und ein Theaterstück unterscheidet sich beispielsweise von einem Roman oder einer Biografie darin, dass man es wie auf einer Bühne darstellen oder in eine naturalistische Umgebung verpflanzen kann. Schlöndorff wählte eine Art Collage-Technik mit Einsprengseln historischen Filmmaterials, realistischen Szenen in Paris und dem kammerspielartigen Gespräch, das er mit Kriegsgeräuschen unterfüttert.
Das hinterlässt einen zwiespältigen Eindruck: Die kriegerischen Aktionen bilden einen scharfen Kontrast zum mit feiner Klinge geführten Wortgefecht, und oft überspielen sie die Wirkung der Argumente. Das kann man auch an den insgesamt brillanten Hauptdarstellern kritisieren: Ein paar falsche Zwischentöne beim deutschen General, ein paar übertriebene Mienenspielereien beim schwedischen Diplomaten - die eindringliche Wirkung der Worte in dieser Grenzsituation wird dadurch geschwächt. Da hätte man sich mehr Vertrauen der Regie in die Qualität der Darsteller und mehr Vertrauen der Darsteller in den Text gewünscht.
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