Life in Progress Südafrika, Schweiz 2014 – 99min.
Filmkritik
Der Weg südafrikanischer Jugendlicher
Drei junge Südafrikaner, vaterlos aufgewachsen, suchen ihren Weg: Tshidiso, Venter und Seipati leben in Katlehong, einem Township von Johannesburg. Sie sind Mitglieder der Tanzgruppe Taxido, die sie geprägt hat. Die Zürcherin Irene Loebell hat sie rund zwei Jahre begleitet und ihren Werdegang dokumentiert.
Ein Vorort von Johannesburg mit einfachen Behausungen, Baracken, Hütten. Staubig, armselig, wenig einladend. Ein Township, in dem Jerry (39) eine Tanzschule betreibt. Katlehong, so der Township-Name, bedeutet in der Sotho-Sprache Fortschritt. Und das will Jerry (39) auch mit seiner Taxido-Gruppe erzielen.
In seiner Tanzschule finden sich junge Menschen zusammen, üben, tanzen, um anderswo aufzutreten. Jerry, für einige eine Art Vaterersatz, fordert harsche Disziplin, straft ab, wenn die Gruppe patzt, wenn einer fehlt, andere Prioritäten setzt (etwa, um etwas Geld zu verdienen). Er wird zornig, verteilt Kniffe oder leichte Schläge. Jerry hat selber eine dunkle Vergangenheit hinter sich, war Räuber, Gewalttäter, hat mit dieser Jugendzeit gebrochen und will die Jugendlichen zum Besseren führen. Freilich mit wenig psychologischem Verständnis und Einfühlungsvermögen für seine Tänzer und Tänzerinnen.
Tshidiso (18) ist ein Bruder Leichtfuss und stolz auf seine elf Freundinnen. Ihm schwant freilich nichts Gutes, als die Filmemacherin ihn zu einem Aids-Test drängt. Er kneift, bis der Tod eines Freundes ihn eines Besseren lehrt. Die 16-jährige Seipati ist ein kleiner Tanz-Star, hat Preise erobert und schert aus und muss deshalb ihre Kostüme an Jerry zurückgeben. Später wird klar: Die junge Frau ist schwanger, will ein Mädchen und bekommt einen Sohn, Thato eben. Venter (17), auch er Mitglied der Taxido-Gruppe, ist ehrgeizig, macht die Matura und will an die Universität. Alle drei sind vaterlos aufgewachsen, suchen Verbindung zu ihren Vätern – teils mit, teils ohne Erfolg.
Irene Loebell hat diese Gruppe rund zwei Jahre begleitet. So ist Tshidiso am Ende 20 Jahre jung, ein wenig geläutert und hat nur noch eine Freundin. Im Stil einer Fernsehreportage hat Loebell Jerry und seine Rebellen begleitet und meistens selber die Kamera geführt, ihr Vertrauen gewonnen und ist zu einer Freundin geworden. Life in Progress ist ein schlichtes, hautnahes Dokument, das unprätentiös Einblicke in das Leben junger farbiger Südafrikaner gewährt, die 20 Jahre nach dem Ende der Apartheid ihren Weg suchen. Beherzt, lebendig, hoffnungsvoll.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung