Life Itself USA 2014 – 115min.
Filmkritik
Der Star unter den Filmkritikern
Roger Ebert ist in den USA der Inbegriff des Filmkritikers und war zu Lebzeiten selber ein Star. Der Film begleitet ihn während seiner letzen Monate und erzählt anhand von Interviews und Archivaufnahmen aus dem persönlichem Leben und Schaffen. Vor allem aber wirft er einen Blick auf die Kunst der Filmkritik.
Bei uns weniger bekannt, ist Roger Ebert für die Amerikaner der Filmkritiker schlechthin. Er verstand sich immer als einer des Publikums, dem intellektuelle Analysen zuwider waren, gleichzeitig versuchte er aber auch nicht sich beim Leser anzubiedern. Wo er auftauchte, wurde er gefeiert wie ein Star. Er war mit den Grossen des Filmgeschäfts befreundet, unter anderem Martin Scorsese und Werner Herzog, was ihn aber nie davon abhielt auch Filme seiner Freunde öffentlich am Fernsehen zu zerpflücken.
Ursprünglich als Lokaljournalist tätig, übernahm er 1967 eher zufällig die Stelle des abtretenden Filmkritikers der "Chicago Sun-Times". Dort bliebe er dann auch bis zu seinem Tode 2013. Zusammen mit seinem Erzrivalen, dem in Harvard ausgebildeten Filmkritiker Gene Siskel, besprach er während zwanzig Jahren wöchentlich die anlaufenden Filme. Berühmt waren sie vor allem für ihre unterschiedlichen Meinungen. Abgeschlossen wurden die verbalen Wortgefechte mit einem Daumen hoch oder runter, womit sie den Ausdruck "two thumps up" prägten. Wenn sie einmal gleicher Meinung waren, musste es sich um ein Meisterwerk handeln.
Bereits 2002 wurde bei ihm Krebs diagnostiziert und während einer Operation musste ihm der Unterkiefer amputiert werden, worauf er nicht mehr selbstständig essen, trinken oder reden konnte. Nun wurde seine Frau, die auch im Film porträtiert wird, seine wichtigste Verbündete für ein weiterhin aktives Leben. Und seine Kritiken, die er bald auch auf dem eigenen Blog veröffentlichte, wurden seine Stimme und die letzte Möglichkeit mit der Welt in Kontakt zu bleiben.
Regisseur Steve James hat Ebert in den letzten Monaten vor seinem Tode begleitet und dabei auch sehr intime Momente aufgenommen, wobei nur kurze Unterhaltungen per Computer möglich waren. Ergänzt hat er diese Aufnahmen mit Gesprächen mit Eberts Freunden und Weggefährten und Archivaufnahmen, basierend auf der gleichnamigen Autobiographie.
Als Überblick über 50 Jahre Filmgeschichte taugt der Film wenig, dafür konzentriert er sich zu stark auf Eberts Person. Dafür bietet er ein umfassendes Porträt dieses Mannes und dessen eindrücklichen Charakters, auch abseits seiner Kritiken. Anhand seiner Karriere wird auch aufgezeigt, was Filmkritiken können, was sie leisten sollten und warum sie wichtig sind.
Wir befinden uns an einem Wendepunkt. Heute ist es fast unmöglich, vom Schreiben übe Film zu leben, gleichzeitig gibt es so viele Möglichkeiten wie nie, sich über anlaufende Filme zu informieren. Die Qualität wurde von der Quantität abgelöst. Auch wenn der Film keine Antworten liefern kann, wie es weitergehen soll, so zeigt er doch auf, woher wir kommen und was es wert ist, bewahrt zu werden.
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