My Old Lady Frankreich, Grossbritannien, USA 2014 – 107min.

Filmkritik

Ein Amerikaner in Paris

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Ein New Yorker namens Gold hofft dank einer Erbschaft in Paris auf einen grossen Batzen Euro. Doch er hat die Rechnung ohne die rüstige 92-jährige Mathilde, ihre Tochter Chloé und eine verflixte Immobilienrente gemacht. Eine kleine Bühne für grosse Mimen wie Maggie Smith und Kevin Kline – amüsant, liebenswert und sehr lebensinnig.

Ein nur scheinbar flotter Mittfünfziger trudelt in Paris ein, um eine Erbschaft anzutreten. Der New Yorker Mathias Gold (Kevin Kline) ist eine verkrachte Existenz. Sein Leben war bisher ein Fiasko: Seine Ehen gingen in die Brüche, die Kindheit war unglücklich, Mutter hat sich umgebracht, und er ist mittellos.

Nun also die Villa in Paris - doch Gold hat die Euro- und Erbschaftsrechnung ohne die 92-jährige Lady (Maggie Smith) und eine französische Eigenart gemacht: die Immobilienrente. Das bestens gelegene alte Stadthaus ist zwar Millionen wert, hat aber einen Haken. Denn Bewohnerin Mathilde, die sich bester Gesundheit erfreut, geniesst hier lebenslanges Wohnrecht.

Gold sieht seine Felle davon schwimmen und greift wie schon früher zur Flasche. Die vitale Mathilde pocht auf ihr Recht. Solange die alte Lady lebt, sind Gold die Hände gebunden. Ausserdem liegt er im Clinch mit Mathildes Tochter Cloé (Kristin Scott Thomas).

Es ist nicht alles Gold, was glänzt, schon gar nicht im Falle des gescheiterten Gold. Doch natürlich besteht Hoffnung, wenn man über sich hinauswächst, Amor mit im Spiel ist, alte Sünden auf den Tisch gelegt und bereinigt werden. Dann ist ein Neuanfang möglich, erst recht in einer Liebes- und Alterskomödie der liebenswürdigen Art von My Old Lady.

Israel Horovitz hat sein eigenes Bühnenstück, das ab 2002 erfolgreich am Broadway lief, für die Leinwand adaptiert. Der Autor und Regisseur hat ein wenig Pariser Szenerie dazu gepackt und die Vorlage ein wenig ausgebaut. Das ist ihm mit Charme, Spitzbübigkeit und exzellenten Darstellern gelungen. Maggie Smith zuzuschauen, ist eine Wonne, aber auch Kevin Kline hält sich wacker. Dass der gerne trinkende Amerikaner in Paris strandet, aber nicht ersäuft, wird ihm das Publikum danken.

16.04.2024

4

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Kommentare

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Janissli

vor 6 Jahren

Süsse Liebesgeschichte mit einem mürrischen Ami in Paris.


8martin

vor 9 Jahren

Man merkt dem Film an, dass da ein Theaterstück als Vorlage gedient hat. Was auf der Leinwand höchst selten vorkommt, ist, wenn eine lange, komödiantische Einleitung dann in einen Mittelteil übergeht, der die tiefen, psychologischen Verletzungen der Akteure zeigt und in einer Romanze endet. Das durchlebt das Dreigestirn Kevin Klein (Matthias), Kristin Scott Thomas (Chloé) und la Grande Dame Maggie Smith in einem wunderschönen morbiden Ambiente. Eine gemeinsame Vergangenheit verbindet diese gestrandeten Seelen in Paris wegen einer Erbschaft. Die juristischen Aspekte sind zwar nicht ganz unwichtig (wir lernen den französischen Rechtsbegriff viager), aber das Hauptaugenmerk liegt doch wohl auf Vergangenheit der drei. Da haben Matthias und Chloé allen Grund depressiv zu werden, doch mit ein wenig Taschenpsychologie können sie sich an einander aufrichten und wie erwartet lieben. Es liegt nur an ihrer schauspielerischen Leistung und den geschliffenen Dialogen, dass man schmunzelnd dranbleibt. Das urplötzliche Umschwenken von Situationskomik in tragische Dramatik und zurück ins Witzige verdeutlicht zum Beispiel wenn Matthias nach einer menschlich bewegenden Szene, eine Patrone ins Jagdgewehr einlegt, Cut, Szenenwechsel, ein Schuss, alles rennt und schreit…Matthias hat nicht sich, sondern den Wildschweinkopf an der Wand angeschossen.
So sitzt man am Ende zwischen allen Stühlen. Nicht Fisch, nicht Fleisch. Eine humorvolle Komödie mit einem Einblick in menschliche Verletzlichkeiten deren Folgen bis in die Gegenwart reichen. Ist auch nicht besonders originär. Dank des Dreigestirns ist es kein verlorener Abend. Leider kennen wir die drei aus besseren Weltklassefilmen. Dieser ist keiner, nur ein ganz netter.Mehr anzeigen


weinberg10

vor 9 Jahren

Der britische, schwarze Humor ist einmalig. Die Geschichte wirkt gegen den Schluss zu konstruiert.


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