CH.FILM

Pause Schweiz 2014 – 85min.

Filmkritik

A Song for the Lonely

Urs Arnold
Filmkritik: Urs Arnold

Sie will von ihm eine Pause, er will sie zurück: Pause beschäftigt sich mit einer Beziehungskrise, die vielleicht nur Countrymusik beilegen kann.

An einer Tankstelle lernten sich Sami (Baptiste Gilliéron) und Julia (Julia Faure) einst kennen. Das passt zu diesem unkonventionellen Paar. Sami ist der Slacker, der sein Leben nach der Musik richtet, aber ausser tollen Countrysongs nichts auf die Reihe kriegt. Die Juristin Julia ist schön, kleidet sich schick und steht gefestigt im Leben. In diesem leistet sie sich eine einzige Verrücktheit: Sami.

Nach vier Jahren des Zusammenseins ziehen sich die Gegensätze jedoch nicht mehr an. So sieht es jedenfalls Julia, oder so sieht es Sami eben nicht. Sie verordnet der Beziehung eine Pause. Sami, perplex bis auf die Knochen, sucht Rat bei seinem Musikerfreund Férnand, seines Zeichens Altenheimbewohner und 24/7-Alkoholiker. "Du musst jetzt Songs schreiben!", tönt es zurück. Da hat er recht, doch Trennungslieder schwanen Sami nicht vor. Er will Julia wiederhaben, aus den Armen ihres Bosses Lionel (Nils Althaus) entreissen, bei dem sie nun haust.

Mathieu Urfer studierte einst Psychologie, machte danach den Master im Drehbuchschreiben, realisierte einige Kurzfilme, schrieb für verschiedene TV-Serien, komponierte Musik. Diese Aufzählung mag zu einem gewissen Grade erklären, wieso Urfer nun erst mit 35 Jahren sein Langfilm-Debüt gibt. Eines, das es dafür am Filmfestival Locarno gleich auf die Piazza Grande schaffte.

Bei nüchterner Betrachtung des Plots scheint dieser grosse Bahnhof ziemlich übertrieben, finden sich hier doch üblichen Klischees einer Beziehungs-Krise: Der Mann ignoriert autistisch alle Auflösungssignale, die Frau will räumliche Distanz, der Mann will sie zurückerobern, und macht sich dabei, genau: mehr als nur einmal unmöglich.

Trotzdem aber lässt man sich von Urfers Beziehungskomödie gerne an der Hand nehmen. Weil sie grundehrlich und ungekünstelt ihre Handlung entfaltet, und weil man für diesen introvertierten und mitunter so ungeschickten Sami tatsächlich sowas wie einen Beschützerinstinkt entwickelt. In seiner trockenen Persönlichkeit findet man durchaus Charme, und wenn der Herr sich erst einmal in seinem Kompetenzgebiet auslebt, kann man bestens nachvollziehen, was Julia einst an ihm so unwiderstehlich fand. Viel Lob für die Darstellung des Sami gebührt dem Newcomer Baptiste Gilliéron, übrigens der Zwillingsbruder der Ex-Miss Schweiz Lauriane. Geschrieben wurden die erdigen Folk/Country-Songs indes nicht von ihm, sondern vom Multitalent Urfer selbst.

Die Musik besitzt in Pause keineswegs nur eine begleitende Funktion; tatsächlich ist sie des Films zentrales Element. Sie spielt in der Beziehung zwischen Sami und Julia eine unterschwellige, aber fundamentale Rolle, in der von Sami und Férnand eine offenkundige, gar existenzielle. Und manchmal darf sie den Film gar ganz für sich einnehmen.

31.01.2020

4

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