Above and Below Deutschland, Schweiz, USA 2015 – 118min.
Filmkritik
In anderen Welten
Hoch zum Mars und unter die Erdoberfläche geht die Reise in Nicolas Steiners vorzüglicher Doku Above and Below. Sie führt eine Handvoll Menschen vor Augen, die für die Gesellschaft unsichtbar geworden sind.
Während über den Strassen von Las Vegas die Neonschilder grell leuchten, brennt auch in der Unterwelt ein Licht. Mit der Mafia hat das nichts zu tun, und doch mit jemandem, den sie "den Paten" nennen. Alleine lebt dieser in einem der vielen Entwässerungstunnels, die sich unter der Stadt hindurch ziehen. In jedem dieser Tunnel hausen Menschen. Auch Cindy und Rick haben hier ein Zuhause gefunden. Sorgfältig eingerichtet aus Abfallfunden, ist diesem eine Heimeligkeit nicht absprechbar. Mit der kann es jedoch schnell vorbei sein: Kommt der Regen, fluten sich die Tunnel so stark, dass nicht nur Hab und Gut davongetragen wird.
Der Kriegsveteran Dave muss sich dagegen keine Gedanken über Niederschläge machen. Seine Behausung ist ein alter Atombunker mitten in der Wüste. Hier kann er auf seinem Schlagzeug spielen, so laut und so viel er will. Die grosse Freiheit. Aber eines Tages, so meint er, wird er in die Zivilisation zurückkehren. Seine zerbrochene Familie wiedertreffen, vielleicht auch seine Enkelin, die er bis jetzt nur auf Facebook zu Gesicht bekommen hat.
Von der Wüste auf einen anderen Planeten: In einer marsähnlichen Landschaft in Utah probt ein privates Forscherteam eine Mission auf dem roten Planeten. In Vollmontur werden Gesteinsproben gesammelt, Messungen gemacht, und: Ping-Pong gespielt. April, die in Irak stationiert war, gehört zu dieser Handvoll Leute, die sich eine Reise auf den Mars erträumen.
Der junge Regisseur Nicolas Steiner hat 2011 mit seinem Debüt Kampf der Königinnen erstmals auf sich aufmerksam gemacht. In Schwarzweiss zeigte er dort den Brauch seiner Walliser Heimat, Kühe gegeneinander kämpfen zu lassen. Sein Nachfolgefilm entfernt sich sowohl thematisch wie auch geographisch stark davon, priorisiert die Bildästhetik jedoch genauso hoch. Ob den Sonnenaufgang in der Wüste, die rotgefärbte Ödnis in Utah, ob von Kerzen erhellte Gesichter und der Schlund der beinahe kompletten Dunkelheit: Steiner findet hier schier unablässig starke Bilder, die von ihrer Opulenz und technischen Qualität auch aus einer Spielfilmproduktion stammen könnten.
Dabei macht Steiner keinen Hehl daraus, dass er manche Szenen (Stichwort: Ping-Pong-Bälle) auch inszeniert. Er schafft es indes virtuos, seine Fantasie einzustreuen, ohne je die Wahrhaftigkeit der dokumentierten Personen zu verwässern: Man merkt in jeder Sekunde dieses Films, dass er seine Protagonisten ernst nimmt, und dass diese ihrerseits nichts vorspielen. So manifestiert sich Above and Below zu einem immer wieder überwältigenden und bisweilen transzendenten Dokument der Menschlichkeit. Ein fantasievolles wie reifes Werk eines jungen Filmemachers, dem die Zukunft gehört.
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Kommentare
Der Film gewann verdientermassen den Schweizer Filmpreis als Bester Dokumentarfilm. Am Ende des Films hat man 100 offene Fragen an die Protagonisten und das ist gut so. Der Film ist keineswegs zu lang, da die Lebensgeschichten der Menschen äusserst spannend und bewegend sind.
Viel zu lang - 45 Min. hätten gereicht - das ist meine Hauptkritik. Teilweise sehr künstlich hervorgerufene Momente, extra für die Kamera, wo doch der Film vorgibt authentisch zu sein; Kameraführung mit den vielen Grossaufnahmen der Hände kommt mir anfängerhaft vor - wie nach einem Kurs an der HfGZ; Musik teilweise nicht mit dem Bildlauf synchron.
Kurzum ein unnötiger Film, der evtl. nur dadurch gemacht werden konnte, weil bei der Filmföderung reichlich Mittel zur Verfügung stehen.… Mehr anzeigen
Unglaublich! Muss man unbedingt sehen. Glanzleistung des jungen talentierten Regisseurs Nicolas Steiner.
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