Comme un avion Frankreich 2015 – 105min.
Filmkritik
Er ist dann mal weg
Regisseur Bruno Podalydès schickt sich in seinem neuesten Film auf einen Selbstfindungstrip. Mit einem Kajak. Weit kommt er jedoch nicht.
Zum Geburtstag wird Michel (Bruno Podalydès) von seiner Frau Rachelle (Sandrine Kiberlain) ansehnlich beschenkt: Mit einer Ständerlampe in der Form eines Windsackes. Man würde ja nicht glauben, dass es so etwas gibt, doch scheint das Präsent angemessen für einen wahren Aviatik-Fan wie ihn. Daraufhin erhält der Glückliche gar noch einen Fluggutschein. Michel bedankt sich artig dafür, lächelt aber sichtlich gequält. Über den Wolken schwebt der Neo-Fünfziger eben nur in Gedanken – die Flugangst war in seinem Leben stets ausgeprägter als die Faszination für Lindbergh und Konsorten.
Schlimmer als die Aviophobie wiegt jedoch die Routine, die sich in sein Leben eingeschlichen hat. Michel braucht eine Pause, von den lästigen Arbeitskollegen, auch von Rachelle. Um auf seiner Alltagsflucht nahe am Gefühl des Fliegens zu sein, kauft er sich ein Kajak, und paddelt mit der "Kumbaya"-Melodie im Ohr los.
Nun könnte sich der Film zu einem "Float-Movie" wandeln, würde Michel nicht Rast beim erstbesten Buvette einlegen. Er lernt dort die verwitwete Laetitia und ihre beiden leicht debilen Brüder kennen, und die junge Kellnerin Mila (Vimala Pons), deren Herz ebenfalls für Flugzeuge schlägt. Alsbald befindet sich Michel in einer Art Zeitschlaufe: Fährt er weiter, landet er partout wieder am Ausgangspunkt. Was ihn gar nicht so stört, denn die Damen schliessen ihn beide ins Herz, und so tut er es.
Wobei, ganz akkurat ist das nicht. Denn spätestens als Michel Laetitia beim Wäscheabnehmen hilft, schlagen die Herzen bald einmal Brust an Brust. Es ist dies eine Szene, die sich zwar sehr schön vollzieht, doch endgültig zum Dilemma des Zuschauers beiträgt. Einst folgte man diesem ausgewachsenen Jungen flussabwärts, weil man ihm voll der Sympathie zusehen wollte, wie er sich einen Traum erfüllt. Dann stellt sich heraus, dass er seinen Sinn für Freiheit ziemlich schamlos ausreizt: Michel belügt zuerst seine Frau via SMS mit falschen Reisezwischenhalten, und hintergeht sie, sobald sich die Gelegenheit bietet – Gewissensbisse exklusive.
Ticken so die Franzosen? Sicher ist, dass das Genre der Komödie wie kein anderes moralische Fehltritte abschwächen, gar neutralisieren kann. Bei Comme un avion klappt das mehr schlecht als recht, weil dieser Selbstfindungstrip ausser einigen Tölpel-Schmunzlern nicht gerade viele komische Schwingungen rüberbringt. Bezeichnend, dass man Michel eigentlich am liebsten dabei zusieht, wie er verträumt im Gras liegt, oder tiefenentspannt auf dem Wasser gleitet. In diesen ruhigen Momenten fühlt sich der Film aufrichtig an. Leider sind es deren zu wenige, leider bleibt die ganze Produktion konturenloses Mittelmass. Und genau dem wollte ihre zentrale Figur doch tunlichst enteilen.
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