Erbarme dich - Matthäus Passion Stories Niederlande 2015 – 99min.
Filmkritik
Die Magie der Matthäus-Passion
Einem der wichtigsten Werke der Kirchenmusik widmet sich Ramón Gieling in Erbarme dich: Bachs Matthäus-Passion. Ein anspruchsvoller Film für Kunst-und Klassik-Liebhaber und am Glauben Interessierte.
Die Matthäus-Passion von Johann Sebastian Bach gehört zu den größten Werken der protestantischen Kirchenmusik. Inhaltlich geht es um die Leiden und das Sterben Jesu Christi. In Erbarme dich widmet sich Filmemacher Ramón Gieling der Wirkungskraft dieses Monumentalwerks sowie der Bedeutung für diejenigen Personen, die direkt an der künstlerischen Umsetzung des Films beteiligt waren. Er zeigt, dass die Leiden von Jesu ganz direkt mit den persönlichen Schicksalen der Protagonisten verbunden sind. Dazu serviert Gieling aufwendig choreographierte darstellerische bzw. szenische Umsetzungen der Passionsgeschichte sowie musikalische Darbietungen der Matthäus-Passion von Bach.
Erbarme dich ist der neue Film des niederländischen Regisseurs Ramón Gieling, der hauptsächlich für seine Dokumentationen bekannt ist. Einer seiner populärsten Filme ist die Doku über das niederländische Fußball-Idol Johann Cruyff (2004). Zwei Jahre später drehte er einen viel beachteten Film über die Terror-Anschläge von Madrid im Frühjahr 2004. Seit jeher ist er für seine thematische Vielfalt bekannt. In Erbarme dich beschäftigt er sich nun eingehend mit dem umfangreichsten Werk im Schaffen von Bach.
Auf künstlerisch höchst anspruchsvolle und komplexe Weise vermengt Filmemacher Gieling hier Kunst, Musik, Religion und individuelles, menschliches Leid. Die Matthäus-Passion ist ein mächtiges Werk für Solisten, Chor und Orchester, und all diese Elemente fährt Gieling hier auf. Pieter Jan Leusink sorgt mit seinem Orchester und Chor für die musikalische Umsetzung. Zu den Klängen von Bach spielen zudem Schauspieler entscheidende Passagen der Passion nach, sodass sich ein ungemein spannendes und aufwendig inszeniertes, faccettenreiches Gesamtkunstwerk von außerordentlicher Wirkung ergibt.
Die Anziehungskraft von Musik, genauer, der Musik von Bach, betrachtet der Film dabei noch expliziter. Das ist der interessante Teil des Films. Gieling sprach mit einigen der Beteiligten und befragte sie nach ihrer ganz persönlichen Beziehung zu den Themen Bach, Religion, Musik, sowie der Matthäus-Passion. So berichten u.a. der Dirigent von der Unnachgiebigkeit seines extrem gläubigen Vaters und der Opern-Direktor von Bachs Musik, die dazu einlädt, gemeinsam zu trauern, anstatt sich mit seinem Schmerz abzuschotten. Und dann gibt es da noch eine Frau, deren Eltern sich bei der Matthäus-Passion quasi kennen- und auch lieben lernten. Ihre Eltern hatten sich vor dem Kirchenkonzert nie zuvor gesehen. "Sie hielten sich während Bachs Matthäus-Passion die Hände und wussten, dass sie für den Rest des Lebens zusammenbleiben würden."
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