Every Thing Will Be Fine Kanada, Deutschland, Norwegen 2015 – 100min.
Filmkritik
Der müde Poet
Noch ist im Rennen um die Bären der Berlinale alles offen, nur ein Preisträger steht bereits fest: Wim Wenders. Der 69-Jährige wird dieses Jahr mit dem Goldenen Ehrenbären für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Neben einer umfassenden Hommage-Reihe läuft daher auch sein neuestes Werk Every Thing Will Be Fine im Wettbewerb. Außer Konkurrenz, natürlich.
James Franco spielt darin den jungen, aber nicht sonderlich erfolgreichen Schriftsteller Tomas. Eines Tages hat er einen Autounfall, bei dem ein kleiner Junge stirbt. Tomas versucht, mit dem Erlebten fertig zu werden und arbeitet seine Schuld literarisch ab. Seine Beziehung zerbricht, aber sein nächstes Buch wird ein Bestseller. Jahre später besucht Tomas erneut die Mutter des verunglückten Jungen, doch auch danach lässt ihn die Erinnerung immer noch nicht los.
Über einen Zeitraum von zwölf Jahren begleitet Wim Wenders seinen Protagonisten bei dem Versuch, seinem Leben wieder einen Sinn zu geben und den Unfall zu verarbeiten. Und das erfordert vom Zuschauer vor allem eines: Geduld. Die gefühlte Hälfte des Films besteht daraus, wie James Franco traurig in der Gegend herumschaut. Überhaupt wird sehr viel dramatisch geschaut und wenig über das Geschehene geredet. Ein wortloses Warten auf Besserung, ein Hoffen auf Vergebung, ein Sinnieren über Schuld.
Eben jenes Deklinieren der Leerstellen hat zwar deutliche Längen, aber man muss Wenders zugutehalten, dass er dies mit einer präzisen Konsequenz tut. In den besten Momenten erreicht der Film auch eine emotionale Dichte, welche die Schwierigkeit des Aushaltens solcher Schicksalsschläge lediglich durch die Bewegungslosigkeit der Figuren vermittelt – oft jedoch kippt die elegische Ruhe in Langeweile.
Mit Pina hat Wenders seine Faszination für 3D entdeckt, mit Every Thing Will Be Fine hat er nun seinen ersten Spielfilm in 3D realisiert. Besonders relevant ist dies für die Geschichte jedoch nicht, auch wenn Kameramann Benoît Debie einige stimmungsvolle Bilder findet. Doch im Gegenlicht tanzende Staubkörner oder eisige Schneeflocken schaffen durch ihre Räumlichkeit keine tieferen Emotionen.
Das Problem ist, dass Wenders zwar dreidimensional erzählt, die Figuren aber eindimensional bleiben. Da hilft auch die großzügig eingesetzte Suspense-Musik wenig, die eine narrative Doppelbödigkeit zu schaffen versucht, zumal nie etwas passiert, was auf Dauer deutlich unbefriedigend wirkt. Und so ist Every Thing Will Be Fine ein durchwachsener Film geworden, dessen bewusst ruhiger Erzählfluss leider allzu oft im Sande der Zeit verläuft.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung