La vanité Frankreich, Schweiz 2015 – 75min.
Filmkritik
Sterben nach Plan
Ein Architekt will in einem von ihm entworfen Motel ableben. Dafür ist er unter anderem auf einen Stricher angewiesen.
Es ist Winter, und Zeit für David Miller (Patrick Lapp) zu sterben. Sein Hirntumor ist fortgeschritten und unheilbar – deshalb will er mit dem Beitrag der Sterbehilfeorganisation namens Electio die Abkürzung nehmen, ohne Pein von der Erde gehen. Für sein Ableben hat er sich der Architekt besonderen Ort ausgesucht: Ein Motel im amerikanischen Baustil, das er einst mit seiner Frau entworfen hat.
Durchgeführt wird das Prozedere von der Spanierin Esperanza (Almodovar-Muse Carmen Maura), bei der David bald merkt, dass sie damit nicht allzu vertraut zu sein scheint. Zum Problem wird überdies die Suche nach einem vom Gesetz vorgeschriebenen Zeugen. Als Davids ungeliebter Sohn die Aufgabe in den Wind schlägt, heuert er den russischen Callboy und verhinderten Kunstturner Treplev (Ivan Georgiev) an. Damit nehmen die Turbulenzen ihren Gang.
Über zehn Jahre hinweg hat sich Lionel Baier als einen der umtriebigsten Regisseure in der hiesigen Szene etabliert: Sechs von ihm auch geschriebene Filme sowie eine Doku hat der Romand mit polnischen Wurzeln in dieser Zeit gedreht. Nach einem beschwingten historischen Ausflug in ein sich umwälzendes Portugal (Les Grands Ondes) kehrt Baier mit La Vanité zum Schauplatz Schweiz zurück. Wobei es den erst zu erkennen gilt, ist doch Millers Auto ein englischer Oldtimer, das Motel im exotischen Stil gestaltet, und die Assistentin Spanierin. Aber es geht eben auch um Sterbehilfe, einem Thema, das viele Europäer gerade mit der Schweiz verorten.
Diesem begegnet Baier mit schwarzen Humor – Stichwort: Nachhaltigkeits-Konferenz. Eine reine Komödie ist La Vanité indes nicht geworden, dafür sind es der Pointen zu wenige und der Moll-Töne zu viele – gleichwohl aber wieder der zu wenige, um ein echtes Drama zu sein. Diese Unentschlossenheit zwischen zweier Genre nahm einst schon Christoph Schaubs „Nachtlärm“ etwas den Wind aus den Segeln, und so hätte Baier wohl das volle Potential seiner Geschichte dann ausgeschöpft, wenn er sie klarer gewichtet hätte.
Von der Bildsprache bietet Baier durchkomponierte Aufnahmen, die eine architektonische Präzision aufweisen. Der Film entfaltet sich hauptsächlich kammerspielmässig im Hotel, in dem ein künstliches Setting herrscht, so wie man es etwa von den Werken Aki Kaurismäkis kennt. Da ist viel Liebe im Detail auszumachen, aber auch eine Kühle, die der Humor nur teilweise abfedern kann. Trotzdem bleibt man am Film dran. Denn die Hoffnung stirbt auch hier zuletzt.
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