My Skinny Sister Deutschland, Schweden 2015 – 95min.
Filmkritik
Liebe geht durch den Magen
Die Schwedin Sanna Lenken begibt sich auf dünnes Eis. Thematisiert sie doch in ihrem Spielfilmdebüt My Skinny Sister die vielfach unterschätzte und schwerwiegende Krankheit Anorexie. Durch eine feinfühlige und facettenreiche Herangehensweise, aus der Sicht der 12-jährigen Stella erzählt, versucht sie dem Tabuthema gerecht zu werden, was ihr auch weitgehend gelingt. Einzig die Bemühung etwas gar vieler Klischees vermag das intime Filmerlebnis ein wenig zu trüben.
Die kleine Schwester Stella (Rebecka Josephson) eifert ihrem Vorbild Katja (Amy Diamond) nach. Sie pummelig und unsportlich, die grosse Schwester dünn und erfolgreiche Eiskunstläuferin. Das hässliche Entlein und der schöne Schwan. Eine ganz normale schwedische Familie mit Volvo vor der Tür und IKEA-Einrichtung dahinter. Doch der Schein trügt. Die Eltern sehen nämlich nicht, dass ihre Tochter Katja unter dem Druck, der auf ihr lastet, einknickt und eine Essstörung entwickelt. Nur die kleine Stella bemerkt den selbstzerstörerischen Wandel ihrer Schwester. An Stellas Geburtstag zerbricht für sie die Illusion der perfekten grossen Schwester, der alles zu gelingen scheint. Fortan oszilliert Stella auf der Schwelle zwischen unbeschwerter Kindheit und ernüchternder, teils beschwerlicher Jugend. Zwischen Telefonstreich und Disziplin. Ein Rollentausch bahnt sich an, als Stella merkt, dass sie Verantwortung übernehmen und der grossen Schwester helfen muss. Sie tut das einzig Richtige und sucht Hilfe.
Natürlich haben die Eltern die grosse Tochter ein bisschen lieber, Nesthäkchen Stella wird selbstverständlich nicht zur Eiskunstlauf-Prüfung zugelassen und zu allem Übel wächst ihr vermeintlich auch noch ein Damenbart. Regisseurin und Drehbuchautorin Sanna Lenken rührt im Coming-Of-Age Drama My Skinny Sister die Teenager-Klischees mit der grossen Kelle an. Ein bisschen weniger dick aufgetragen, hätte auch gereicht, um den Kinogängern die Sachlage zu vermitteln.
Trotzdem vermag Lenken mit ihrem Debüt zu sensibilisieren, bildet den fragilen Mikrokosmos Familie mit schönen weichgezeichneten Makroaufnahmen ab und weist ohne Zaunpfahl auf die wichtigen Dinge im Leben hin. Vor allem das authentische Spiel von Rebecka Josephson, Enkeltochter der schwedischen Schauspielerlegende Erland Josephson, vermag zu überzeugen. My Skinny Sister erinnert an das schwedische Teenie-Drama Fucking Åmål (1998) und beweist erneut die sichere Hand schwedischer FilmemacherInnen in Sachen Teenager-Problemen und Familiendramen. Es bedarf nämlich keiner fulminanter Spezialeffekte um das echte Leben abzubilden.
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Kommentare
Der Film war sehr unterhaltsam und kurzweilig. War jetzt nicht der Oberburner, aber durchaus ein gelungener Film. Aber es reicht auch in mal im TV zu sehen.
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