Egon Schiele: Tod und Mädchen Österreich, Luxemburg 2016 – 109min.

Filmkritik

Frauen waren sein Schicksal

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Er sorgte Anfang des 20. Jahrhunderts in der Wiener Kunstszene für Skandale und Provokation: Der Expressionist Egon Schiele malte vor allem Frauen und Kinder – schonungslos. Der Österreicher Dieter Berner beschreibt in seinem augenfälligen Spielfilm das Verhältnis des Malergenies zu den Frauen, seine Besessenheit und Tragik. Eindrücklich.

Neben all den Comic-Helden, Prequels und Sequels im Kino schälte sich 2016 ein anderer Trend heraus: Porträts und Biopics. Künstler sind wieder gefragt. Man denke an die beiden Dokumentarfilme über Hieronymus Bosch, den holländischen Maler mit seinen bizarren dämonischen Visionen, erinnert sich an den Spielfilm Cézanne et moi über die Freundschaft zwischen Paul Cézanne und Emil Zola. Lebhaft vor Augen haben wir Paula, Zeitbild und Porträt über die Malerin Paula Modersohn-Becker oder Vor der Morgenröte, der Spielfilm über die Exiljahre des Literaten Stefan Zweig («Die Schachnovelle»).

Nun zeichnet der Wiener Dieter Berner ein Bild des provokativen Malers Egon Schiele. Nicht von ungefähr trägt er den Titel «Tod und Mädchen». Der malerische Film beginnt quasi mit dem Ende des todkranken Egon Schiele. Er stirbt 1918 mit 28 Jahren an der Spanischen Grippe, einer Pandemie, die zwischen 1918 und 1920 grassierte und über 25 Millionen Menschen dahinraffte. Egon Schiele, 1890 in Tulln, einer Kleinstadt bei Wien geboren, war ein Künstler, seiner Zeit weit voraus und von den Themen Frau, Mädchen und Tod geradezu besessen. Im Mittelpunkt des Spielfilms stehen denn auch der Maler und seine Musen, seine Frauen. Gerti (Maresi Riegner), seine jüngere Schwester, wird seine erste Muse, Modell, Managerin. Eine ebenso wichtige Rolle in seinem Leben nimmt die resolute, unabhängige Wally Neuzil (Valerie Pachner) ein, Geliebte und Aktmodell, das ihm der ältere Kollege und Gönner Gustav Klimt (Cornelius Obonya) zugeschanzt hatte. Sie wird ihn begleiten, auch wenn sie der vermögenderen Edith Harms (Marie Jung), seiner Ehefrau, weichen muss.

Der Wiener Expressionist Egon Schiele, exzellent und galant verkörpert durch Noah Saavedra, ist ein getriebener Künstler. Seine Bilder sind harsch, provokant, verstörend. Die ausgezehrten Leiber künden eher vom Tod denn von Leben und Liebe. Skandal, schrien Zeitgenossen. Er wird der Kinderpornografie bezichtigt und wegen angeblicher Schändung einer Dreizehnjährigen angeklagt. Schiele fühlte sich verkannt wie Van Gogh zu Lebzeiten. Er führte ein ruheloses Dasein, angefeindet, von Eros infiziert und von der Leidenschaft ausgezehrt. Seine Bilder sind nicht malerisch, keine edle Dekorationen wie bei Klimt. Sie wurden in den Dreissigerjahren prompt von den Nazis als «Entartete Kunst» diffamiert. Schieles tragisches Leben ist nun stilgerecht und augenfällig vom Österreicher Berner in Szene gesetzt worden. Allein es fehlt weitgehend das Feuer, die Leidenschaft. Die zur Schau gestellte Sinnlichkeit auf der Leinwand trügt, ist zwar malerisch, aber nicht sinnlich. Der Mensch und Maler Schiele geht so nicht unter die Haut, wohl aber seine Werke.

13.01.2017

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