Sami - A Tale from the North Dänemark, Norwegen, Schweden 2016 – 110min.
Filmkritik
Ein samischer Schrei nach Anerkennung
Es heisst, für einen Erstlingsfilm sollten drei Regeln beachtet werden: Keine Historienfilme, da deren Produktion teuer und schwierig ist, keine Kinder und keine Tiere. Amanda Kernell hat gegen all diese Punkte verstossen und beweist mit Sami - A Tale from the North, dass gut geplant halb gewonnen ist.
Das 14-jährige Sami-Mädchen Elle Marja (Cecilia Sparrok) ist angehende Rentierhirtin. Zusammen mit ihrer Schwester (Erika Sparrok) und weiteren Samen besucht sie eine Internatsschule. Um sich ihrem Traum eines schwedischen Lebens annähern zu können, bemüht sie sich um die Aufmerksamkeit ihrer Lehrerin, doch dann kommt alles anders als geplant. Erniedrigende, rassenbiologische Untersuchungen im Internat bringen das Fass zum Überlaufen: Kurzerhand entscheidet Elle Marja, sich auf eine Reise nach Uppsala zu begeben. Die Vergangenheit hinter sich zu lassen und ihre Identität zu wechseln, erweist sich allerdings als schwieriger, als erwartet.
In den meisten Samenfamilien gibt es auch heute noch eine Person, welche die radikale Entscheidung trifft, sich von der eigenen Familie zu distanzieren und seine Identität zu wechseln, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden. Regisseurin Amanda Kernell, die selber samische Wurzeln hat, wirft in ihrem Erstlingswerk ein neues Licht auf diese kaum bekannte Tatsache, denn viele der im Film gezeigten Szenen entstammen Gesprächen der Regisseurin mit Samen oder gar ihrer eigenen Biographie. Die Hälfte aller Darsteller, darunter auch Elle Marja und Njenna (welche auch im echten Leben Schwestern sind und Südsamisch sprechen), hatten zuvor noch nie geschauspielert. Ihre Darbietung wirkt aber sehr authentisch – wohl nicht zuletzt auch durch das sorgfältige Casting begründet, das bereits zwei Jahre vor Drehstart begonnen wurde. Anstatt mit typischen Elementen eines auf Hochglanz polierten und mit schönen Kostümen ausgestatteten Historienfilms, überzeugt Sami - A Tale from the North mit einer ehrlichen, szenenweise brutalen Geschichte und einem Gespür für raue, zeitlose Wirklichkeit.
Der Film liefert in zweierlei Hinsicht einen Schrei nach Anerkennung. Einerseits thematisch durch Ella Marjas Wunsch nach Akzeptanz, andererseits als Drama vor dem Hintergrund der samischen Geschichte und Kultur, welcher durch den Film wohlverdiente Anerkennung erlangen dürfte. Durch sein sehr spezifisches und originelles Setting ist Sami ein aussergewöhnlicher Coming-Of-Age-Film, der ganz zentral auch einem globalen Publikum die Geschichte der Samen näherbringt, dadurch Interesse an der Kultur dieser einzigartigen Urbevölkerung Europas weckt und somit zu einem wichtigen Zeitdokument wird. Es ist ein ergreifender Hybrid zwischen Wirklichkeit und Fiktion, der die Flucht vor den eigenen Wurzeln thematisiert, zeitlos ist und den Zuschauer durch eine ausdrucksstarke und authentische Besetzung mitfiebern lässt. Kernell legt mit dem Drama ein erstklassiges Debüt hin, welches deutlich darlegt, dass sich aufwendige Vorbereitungen für einen Film bestens auszahlen können und selbst ein kleines Budget keine unüberwindbare Hürde darstellen muss.
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Kommentare
Einfach umwerfend und gekonnt umgesetzt. Ein Film der mit eindrücklichen Bildern und Schauspielern mit wenig Worten Gefühle und Ereignisse auf den Punkt bringt. Ein erstaunliches Meisterwerk einer jungen Regisseurin, die in ihrem ersten „langen“ Film einen interessanten und berührenden und historischen Rückblick auf die oft unterdrückte und früher verachtete Volksgruppe der Samen wirft. Ein eindrückliches Kinoerlebnis.… Mehr anzeigen
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