The Mercy - Vor uns das Meer Grossbritannien 2017 – 101min.

Filmkritik

Allein auf hoher See

Christopher  Diekhaus
Filmkritik: Christopher Diekhaus

Der Traum von aussergewöhnlichen Leistungen hat schon viele Menschen in brenzlige Situationen gebracht. Auch der britische Geschäftsmann Donald Crowhurst liess sich von seinem Abenteuerfieber treiben und fand sich bei dem Versuch einer möglichst schnellen Weltumsegelung in einem Albtraum wieder. Seine Geschichte erzählt James Marsh (Die Entdeckung der Unendlichkeit) nun in einem prominent besetzten Kinofilm, der phasenweise recht packend gerät, manchmal aber zu sehr an der Oberfläche bleibt.

Als Donald Crowhurst (Colin Firth) erfährt, dass die Sunday Times eine Einhand-Segelregatta mit dem Ziel einer Weltumrundung ohne Zwischenstopp veranstaltet, ist er wild entschlossen, am Rennen teilzunehmen. Dem Gewinner winkt ein Preisgeld, das Crowhurst für die Sanierung seiner maroden Firma gut gebrauchen könnte. Ohne sich mit seiner Ehefrau Clare (Rachel Weisz) grossartig abzusprechen, beginnt der auf dem offenen Meer unerfahrene Segler mit den Vorbereitungen und kann dank der Unterstützung eines lokalen Sponsors auf eigene Faust einen Trimaran entwickeln. Obwohl das Boot noch nicht vollständig ausgerüstet ist, muss Crowhurst am 31. Oktober 1968 in See stechen, da die Regularien einen Start zu einem späteren Zeitpunkt nicht erlauben. Schon bald nach seinem Aufbruch merkt der anfangs so enthusiastische Glücksritter, dass er sich deutlich zu viel zugemutet hat, und fängt schliesslich an, seine in die Heimat übermittelten Kursangaben zu verfälschen.

Beschränkte sich J. C. Chandor im Hochseedrama All Is Lost ausschliesslich auf den Überlebenskampf seines von Robert Redford gespielten Protagonisten, schlagen Marsh und Drehbuchautor Scott Z. Burns (Side Effects) einen anderen Weg ein. Auch The Mercy zeigt das Ringen Crowhursts mit den Naturgewalten und bebildert seine stetig voranschreitende psychische Auszehrung. Kombiniert werden diese Passagen allerdings mit Einblicken in das Familienleben des Abenteurers und die Arbeit seines PR-Beraters Rodney Hallworth (David Thewlis), der die Reise unbedingt als Erfolgsstory verkaufen will. Der einsame Segler steht unter gewaltigem Druck, den er sich zum Teil selbst auferlegt hat, und stolpert mehr und mehr über seine grossen Ambitionen.

Marsh bringt einige fesselnde Szenen in den Kasten – etwa dann, als Crowhurst den wackeligen Mast seines Bootes erklimmen muss. Und Colin Firth macht als zunehmend derangierter Grenzgänger eine überzeugende Figur. Beklagenswert ist allerdings, dass der Film nicht immer den Mut aufbringt, die Abgründe der Geschichte konsequent auszuloten und Crowhursts keineswegs unproblematischen Charakter genauer zu sezieren. Gerade das Ende wirkt angesichts seines rücksichtslosen Alleingangs und der masslosen Selbstüberschätzung etwas zu versöhnlich.



20.02.2024

3

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Kommentare

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as1960

vor 6 Jahren

Ein Amateursegler (Colin Firth) will einem selbstgebauten Boot die Welt umsegeln. "The Mercy" erzählt dies leider trotz guter Besetzung etwas gar oberflächlich, so dass die Motive, das Innere der Hauptfigur nicht wirklich deutlich wird. Somit ist es denn eine Gnade für den Kinogänger, wenn der Film zu ende ist.Mehr anzeigen


hpgerber

vor 6 Jahren

ahnungslos, hoffnungslos, ausweglos - und dann noch nach einer wahren Geschichte - wer möchte so einen Film sehen? Auch wenn kritische Fragen nicht fehlen - einfach deprimierend dieser Film.


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