Weisse Sonne Nepal, Niederlande, Katar, USA 2016 – 89min.

Filmkritik

Zwischenmenschliche Kriege

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Nach zehn Jahren Abwesenheit, kehrt der ehemaligen Rebellen-Kämpfer Agni zurück in sein nepalesisches Heimatdorf. Dort angekommen, reißen allerlei alte Wunden wieder auf. Das einfühlsame, langsam erzählte Drama White Sun, spielt vor dem Hintergrund des Bürgerkriegs, der das Land spaltete. Mit reduzierten Mitteln ist ein eindringlicher Film entstanden, der auch von seinem Hauptdarsteller lebt.

Agni (Dayahang Rai) kehrt nach langer Zeit zurück in sein Heimatdorf. Als Teil der maoistischen Guerilla-Truppen kämpfte er gegen das damalige Regime. Der Grund für seine Rückkehr ist der Tod des Vaters. Im Dorf trifft er auch auf seine Ex-Frau (Rabindra Singh Baniya) und Tochter Pooja (Sumi Malla), die es ohne ihn schwer hatten. Denn die alteingesessenen Dorfbewohner stehen noch heute auf der Seite der Monarchie, die 2007 als Folge des Bürgerkriegs abgeschafft wurde. Entsprechend wenig begeistert sind sie, als Agni zurückkehrt.

White Sun ist der zweite Film des nepalesischen Regisseurs Deepak Rauniyar, nachdem er 2012 mit dem Drama Highway ein viel beachtetes, mit Mini-Budget realisiertes Debüt vorlegte. Damals begründete Rauniyar eine ganze Welle an Filmen, die sich mit dem Leben in Nepal nach dem zehn Jahre währenden Bürgerkrieg, befassen. White Sun knüpft inhaltlich nahtlos daran an.

White Sun ist ein ruhiges, minimalistisch inszeniertes Drama, das trotz seiner langsamen, bedächtigen Erzählweise einen bemerkenswerten Sog entwickelt. Der Grund, warum man sich als Zuschauer dem Film auf emotionaler Ebene nur schwer entziehen kann, sind die Vielfalt und Fülle der zwischenmenschlichen Konflikte, die im Film ausgefochten werden. In all diese ist Agni verwickelt. Dayahang Rai spielt Agni, der wegen der Beerdigung seines Vaters zurück in die Heimat kommt, mit beachtlicher Einfühlsamkeit. Und: mit einem nachdrücklichen, facettenreichen Gestik- und Mimikspiel, das seine innere Zerrissenheit nach Außen trägt.

Einer der Hauptkonflikte, die er innerlich auszutragen hat: die politische Gesinnung seines Vaters. Agni war überzeugter Gegner der Monarchie, sein Vater hingegen bis zu seinem Tod ein treuer Anhänger der alten Machthaber. Darüber hinaus ergeben sich beim Beerdigungsritus – der nach strengen, traditionellen Vorgaben abzulaufen hat – unvorhergesehene Probleme. Und dann kommt es auch noch zu Auseinandersetzungen mit einigen Dorfbewohnern. Darunter u.a. sein Bruder und seine Ex-Frau.

Stellvertretend für den Riss, der spätestens mit Beginn des Bürgerkriegs 1996 durchs Land ging und bis heute anhält, steht die angespannte Stimmung im Dorf aufgrund der unterschiedlichen Anschauungen. Und zudem die chaotischen Verhältnisse nach Agnis Ankunft. Diese Entsprechungen, die Rauniyar hier findet und nutzt, sind treffend und präzise.

20.02.2024

4

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