Letzte Tage in Havanna Kuba, Spanien 2016 – 93min.
Filmkritik
Eine Liebeserklärung an die kubanische Hauptstadt
Der Konterrevolutionär Miguel arbeitet als Tellerwäscher, möchte auswandern und lebt zusammen mit dem ans Bett gefesselten, homosexuellen Diego inmitten der pulsierenden, doch gleichermassen von Armut geprägten Stadt Havanna. Zusammen mit Nachbarn und Familie kümmert er sich um seinen sterbenskranken Kindheitsfreund. Die Tragikomödie von Fernando Pérez ist eine authentische Liebeserklärung an die Stadt Havanna und deren Bewohner.
Miguel und Diego leben in einer heruntergekommenen Wohnung inmitten der Stadt Havanna. Zusammen mit Nachbarn und Familie kümmert sich der als Tellerwäscher arbeitende Miguel um seinen Kindheitsfreund, den eine HIV-Infektion ans Bett gefesselt hat. Diego hält zunächst an seiner sprühenden Lebensfreude fest, denn die Gedanken sind frei, Miguel aber fristet im Kontrast dazu ein Leben in stoischer Ernsthaftigkeit und ständiger Erwartung auf ein Visum. Als sich der Zustand seines Freundes verschlechtert, taucht dessen schwangere Nichte bei ihm auf, teilt ihm offen mit, dass sie gerne mit Kind und Kegel (sowie einem halben Zoo an Haustieren) bei ihm einziehen würde und bringt neuen Schwung in die Wohnung.
Letzte Tage in Havanna erzählt die Geschichte einer ungleichen Freundschaft, welche alle Differenzen zu sprengen scheint und dem Zuschauer ein Kuba im Umbruch präsentiert. Die Tragikomödie ist eine Liebeserklärung an die facettenreiche, gleichermassen pulsierende, als auch heruntergekommene Hauptstadt von Kuba und deren Bewohner, denen Regisseur Fernando Pérez durch seine Filme immer wieder aufs Neue ein Denkmal setzt. Zahlreiche heterogene Bilder und Impressionen sind von einer derartigen Intensität geprägt, dass der Zuschauer sich mitten ins Geschehen hineinversetzt fühlt, explosive Vitalität zu spüren bekommt, aber Havanna gleichzeitig auch als hartes Pflaster wahrnimmt. Die Tragikomödie ist eine blühende Fiktion, welche weit näher an der Realität ist, als es der Film zunächst vermuten lassen würde.
Die Liebe des Regisseurs zu seinem eigenen Heimatland ist in den Werken von Pérez deutlich spürbar. Kubaner und kubanisch zu sein, so führt er aus, sei ein Gefühl, welches unmöglich in ein paar Worten beschrieben werden könne. Sein Versuch dieses Gefühl in Figuren, Bildern und Tönen darzustellen, ist ihm in seiner neuesten Tragikomödie bestens gelungen. Der Film präsentiert eine durch den täglichen Überlebenskampf geeinte, einfallsreiche und teilweise listige Gesellschaft, in welcher einerseits Stigmatisierungen zwar noch vorkommen, aber andererseits auch Hilfsbereitschaft stark gelebt wird. Dabei zeichnet sich ein Alltag ab, in welchem nahe Verhältnisse zur Nachbarschaft und neuen Bekannten immer wieder zu schrägen und sehr unterhaltsamen Situationen führen. Letzte Tage in Havanna ist ein feinfühliger Balanceakt zwischen Lebensfreude und Trostlosigkeit, welcher durch prägende Bilder, liebenswerte Charaktere und Galgenhumor der feinsten Art überzeugt.
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