CH.FILM

Der Läufer Schweiz 2017 – 92min.

Filmkritik

Les fleurs du mal – die Blumen der Verzweiflung

Irene Genhart
Filmkritik: Irene Genhart

Hannes Baumgartner entwirft basierend auf einem wahren Fall das Psychogramm eines als Spitzensportler gefeierten Serientäters. Die Titelrolle spielt Max Hubacher.

17-jährig ist Jonas Widmer, als er am Langenfelder Waffenlauf als erster die Ziellinie überquert. Von Beruf Koch, scheint der Langstreckenläufer ein strahlender Überflieger zu sein. Er wird mit beeindruckendem Körpereinsatz gespielt von Max Hubacher, der übrigens in Mario, wo er als angehender Profifussballer über seine Homosexualität stolpert, eine ähnliche Rolle innehat. In Der Läufer indes ist weniger klar, was Jonas ins Straucheln bringt: eine unterdrückte Wut vielleicht, sicher übermässiger Ehrgeiz und fehlende Frustrationstoleranz, nicht zuletzt ein frühkindliches Trauma. Jonas, heisst es irgendwo, habe mit zwei Jahren noch nicht laufen, sein Bruder Philipp mit vier kaum sprechen können. Die vernachlässigten Buben wuchsen bei Pflegeeltern auf. „Ich bin immer für dich da“, beteuert die Pflegemutter, als sie mit Jonas an Philipps Grab stehen: Jonas' Bruder hat sich, nachdem er ihn auf dem Fahrrad zum ersten Sieg begleitet, das Leben genommen.

Nun wohnt Jonas allein am Stadtrand von Bern. Er hat eine Freundin, arbeitet, trainiert. Doch beim nächsten Langenfelderlauf verhindert eine Zerrung seinen Sieg. Und dann entreisst Jonas eines Herbstmorgens einer fremden jungen Frau die Handtasche. Seine Freundin entdeckt die Tasche zwar, schweigt aber. Es folgt der zweite, dritte, vierte Überfall. Jonas verschliesst sich, die Beziehung beginnt zu bröckeln, eine erneute Verletzung zwingt ihn zu pausieren. Doch Jonas kämpft sich zurück. Feiert beim dritten Langenfelder seinen zweiten Sieg, die Freundin jubelt am Ziel, Jonas scheint gerettet. Doch das mit den Frauen und den Handtaschen hat er immer weniger im Griff.

Der Läufer ist der Spielfilmerstling des Zürchers Hannes Baumgartner. Er beruht auf einem Fall, der zur letzten Jahrhundertwende in der Schweiz für Aufsehen sorgte. Baumgartner hat die Geschichte fiktionalisiert, die Namen geändert, die Handlung in die Gegenwart der 2010er-Jahre verlegt – und lässt seinen Protagonisten zum Schluss so unverbrämt ins Leere laufen, dass man nicht umhin kann, als der wahren Geschichte nachzuforschen. Der Läufer ist nicht schlecht geglückt; und erreicht, oft in Tag/Nacht-Übergängen spielend, in seinen dichtesten Momenten eine diffuse Geisterhaftigkeit, wie man aus sie aus den düsteren Psychothrillern des Nordens kennt – oder auch aus Sean Penns Indian Runner. Eines aber möchte man Baumgartner mitgeben: Mit seinen Schauspielern intensiver zu arbeiten und ihnen zu vertrauen. Sodass der innerliche Kampf seiner Figuren sich lesbar in deren Gesichtern zu spiegeln beginnt.

13.05.2019

4

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Kommentare

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Zirko

vor 5 Jahren

Keine guten Dialoge, schlechte Kameraarbeit, unnötig viele Nahaufnahmen... Man hatte das Gefühl, dass die Schauspieler nicht gewusst haben, was sie spielen sollen weil die Szenen zu kurz waren. Der Film ist monoton, episodenhaft und hat keinen Spannungsbogen und keine Geschichte! Der Film hat keine Musik! Musste man hier sparen??Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 5 Jahren


miladanova

vor 6 Jahren

Die enizige Frage die ich mich nach der Vorstellung gefragt habe:
Wieso muss man sowas drehen?


filmmann

vor 6 Jahren

Miserabel!


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