Gauguin Frankreich 2017 – 102min.
Filmkritik
Der Traum vom Paradies
Es ist ein interessantes Künstlerporträt, das Regisseur Edouard Deluc nach eigenem Drehbuch, an dem auch drei weitere Autoren beteiligt waren, hier zeichnet: Das eines Mannes, der schon in seiner Heimat isoliert war, den diese Isolation auch immer vorantrieb und sich dann in sein eigenes Paradies aufmachte – oder das, was er dafür hielt. Nur um erkennen zu müssen, dass er seine Dämonen mit sich gebracht hat.
Schon lange träumte der französische Künstler Paul Gauguin davon, nach Tahiti zu gehen, wo es sich frei und ohne Geldzwänge leben lässt. Doch als er sich im Jahr 1891 im selbstgewählten Exil wiederfindet, stellt sich das Leben doch als anders dar. Einsamkeit, Hunger und Krankheit plagen den Maler. Immer wieder macht er sich auf, die Insel zu erkunden und lernt dabei die junge Eingeborene Tehura kennen, die schon bald seine Muse und sein Modell wird. Gauguin entfaltet sich künstlerisch neu, ebenso wie er seinen Stil neu formt – als freier Mann in der Wildnis.
Schon mehrfach befasste sich das Kino mit dem Leben Gauguins, das aber eher auf rein biographisch erzählte Weise, während Deluc sich Freiheiten nimmt und mit der etablierten Geschichte bricht, um dafür das feinsinnige Porträt eines Menschen zu zeichnen, der als einer der ersten Aussteiger gelten muss – zumindest in der Künstlerszene. Er zeichnet Gauguin als einen Getriebenen, als einen Verstoßenen, der in der Zivilisation seinen Platz nicht findet, der aber das Abenteurer-Gen in sich trägt, das ihn schließlich in die Südsee kommen lässt. Dabei verzichtet Deluc trotz interessanter Naturmetaphorik auf die üblichen Südseeklischees und verlässt sich ganz und gar auf seinen Star Vincent Cassel, der bis an seine Grenzen geht, um diesen Mann darzustellen.
Bemerkenswert ist auch die Newcomerin Tuhei Adams, die Gauguins Muse spielt und wunderbar mit dem viel älteren Cassel harmoniert. Der auf den Reiseaufzeichnungen des Malers basierende Film ist auch technisch formidabel, brilliert mit schönen, entsättigten Farben sowie einer eindringlichen Musik und verzichtet inhaltlich darauf, bei der Darstellung Gauguins in das eine oder andere Extrem zu verfallen. Hier ist er weder der ständige Störenfried noch der verträumte Aussteiger, wohl aber ein Künstler von manischer Getriebenheit, der für sein Werk zu Lebzeiten missachtet wurde, dessen Gemälde heute jedoch zu den teuersten der Welt gehören. Der Film wiederum versucht, dem Wesen dieses Mannes näher zu kommen, dreht sich aber auch um die essenziellen Themen des Menschseins und erreicht dabei kontemplative Momente, die noch lange nach dem Abspann nachwirken – zumindest dann, wenn man sich als Zuschauer auf diese Erzählung einlassen kann, denn dieses Werk fordert schon etwas Hingabe, ohne die man Gefahr läuft, das alles vielleicht etwas zu langatmig zu finden.
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