La novia del desierto Argentinien, Chile 2017 – 78min.
Filmkritik
Eine Braut, die sich traut
Teresa Godoy (Paulina Garcia) ist eine ruhige Frau; etwas gutgläubig und phlegmatisch, vielleicht, aber eine treue Seele. Nachdem sie jahrzehntelang bei einer Familie als Haushälterin und Kindermädchen gearbeitet hat, ist sie mit dem Umzug in eine andere Stadt, zu einer neuen Familie, erst einmal überfordert. Und prompt läuft alles schief: Die Fahrt von Buenos Aires nach San Juan wird unterbrochen, als ein Vogel in die Windschutzscheibe prallt, und auf dem Markt, wo die Reisenden stundenlang auf die Weiterfahrt warten müssen, packen die Verkäufer bald alles ein, weil ein Sturm im Anmarsch ist.
Kritik von Flavia Bonanomi im Rahmen des Watch and Write am ZFF 2017.
Gewissenhaft ruft Teresa aber regelmässig bei ihren zukünftigen Arbeitgebern an, um die verspätete Ankunft anzukündigen. Und selbstbewusst entgeht sie auch den Einladungen sämtlicher Verkäufer, sie soll sich doch ihre schönen Brautkleider oder was auch immer ansehen, wenn sie doch sowieso schon hier ist. Teresa Godoy ist genügsam, und scheint bereits ein schlechtes Gewissen zu haben, obwohl keines der Versäumnisse ihre Schuld war. An Einkaufen ist da nicht zu denken. Doch wie es der Zufall will, lässt sie sich von einem dennoch dazu überreden, in seinem Transporter, der auch die Umkleidekabine ist, ein Kleid anzuprobieren, von welchem der Verkäufer «El Gringo» Julio Corvalán (Claudio Rissi) schwört, dass es perfekt zu ihren Augen passt. Und ausgerechnet in seinem Wagen vergisst Teresa ihre Reisetasche, in der sie alles hat; ausser ihres sehr unzuverlässigen Handys.
Das ist denn auch der Beginn des Dramas, das sich zur Komödie und zur Liebesgeschichte entwickelt. Es ist ein Drama, welches lebt von Teresas Hartnäckigkeit; und von ihrer Weltfremdheit. Für sie steht ausser Frage, dass sie diese Tasche braucht, und wenn sie dafür erst Wochen zu spät an ihrem Ziel ankommt. Kaum hat sie also den Verkäufer gefunden (was an sich schon fast unglaubwürdig ist), wagen die beiden eine Reise durch die Wüste, die sie zu allen möglichen Gestalten und an wunderschöne Plätze führt. Durchaus beeindruckt, vielleicht sogar hie und da charmant akzeptiert Teresa jeden Umweg und jeden Zwischenstopp; für sie ist nur wichtig, dass sie ihre Tasche wiederkriegt.
La novia del desierto zeigt kulturelle, historische und geografische Eigenheiten eines uns so fernen Landes mit einer Selbstverständlichkeit, dass man als Zuschauer am Ende das Gefühl hat, selbst aus Chile zu stammen. Wie neu und fremd auch die Bilder scheinen, den beiden Regisseurinnen gelingt es, dass man bei jedem atemberaubenden Bild das Gefühl hat, man sei an diesem Ort schon gewesen. Sie erzählen sanft, langsam und oft fast wortlos, was andere in aufwändige, aufgeregte Bilder packen, und wecken damit eine Wehmut und Sympathie, die ihresgleichen sucht.
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Kommentare
Manchmal nimmt das Leben überraschende Abzweigungen. Und so läuft, oder mehr noch: stolpert die Hauptdarstellerin Teresa, genial gespielt von Paulina Garcia, nach ihrer Entlassung, in ihre neu gefundenen Freiheiten.
Dabei zeigt sich, nicht nur beim Busfahren, sondern auch in Liebesdingen: Umwege erhöhen die Ortskennnisse. Ihr beim Aufblühen und Aufbruch in der argentinischen Pampa zuzuschauen, bedeutet reiner Filmgenuss. Und der besondere und ungewöhnliche Ausklang des Filmes ... tja: hingehen und sich überraschen lassen!… Mehr anzeigen
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