The King - Mit Elvis durch Amerika Deutschland, USA 2017 – 109min.

Filmkritik

Elvis – eine amerikanische Fallstudie

Rolf Breiner
Filmkritik: Rolf Breiner

Vierzig Jahre nach dem Tod des Rock'n'Roll-King begibt sich der amerikanische Dokumentarfilmer Eugene Jarecki auf Elvis' Spuren – durch Amerika und seine Geschichte. Ein Roadmovie mit viel Musik, Zeitgenossen, Fans und Elvis-Erinnerungen. Ein Blick zurück mit Blick auf heute.

Da sind sie wieder, diese endlosen Strassen, die irgendwo im Horizont münden. Und da ist dieser Rolls-Royce, der mehr als vierzig Jahre auf dem Buckel hat. Er gehörte Elvis Presley. Und nun steuert Eugene Jarecki den Oldtimer durch die amerikanischen Lande. Er startet eine Reise von New York bis Memphis, diesem Elvis-Kultort (Graceland), und Hollywood. Es ist die Zeit der US-Präsidentschaftswahl 2016, nach der ein gewisser gerissener Geschäftsmann ins Weisse Haus einzog. Der Präsident und Unruhestifter Trump bleibt freilich eine Randerscheinung im Roadmovie von Jarecki (Reagan, 2012).

Dem US-Dokumentarfilmer ging es nicht um ein nostalgisches Porträt der Kultfigur Elvis Presley, sondern um dessen Schicksal, Karriere, Aufstieg und Fall. Jarecki zieht Parallelen zwischen dem Rockstar, der US-Gesellschaft und ihrer Entwicklung in den letzten vierzig Jahren. «Es dämmerte mir», so Jarecki, «dass Elvis' Geschichte untrennbar mit dem des amerikanischen Traums verbunden war, aber nicht nur sein Aufstieg. Vielmehr sah ich, dass in der Fülle seines Lebens eine Metapher für den Aufstieg und Fall des Landes lag.»

Und da steht er auf den Bühnen, singt samtweich und heiss, wackelt mit den Hüften und elektrisiert, der Weisse, der die schwarze Musik für sich vereinnahmt hat, die Popkultur revolutionierte und die (weiblichen) Massen begeisterte – vor den Beatles. Wir erleben Aufstieg und Fall dieses Kultstars – von den Anfängen in Mississippi und den Aufnahmen bei Sam Phillips in Memphis (Sun Records) über die Glanzzeit als Weltstar bis zum GI-Aufenthalt in Deutschland, über schmalzige Kinoauftritte bis zum Comeback in Las Vegas und den letzten Auftritten – als schwitzender Glitter-Koloss mit ungebrochen magischer Stimme.

Zeitgenossen und Stars wie die Sängerin Emmylou Harris, die Schauspieler Alec Baldwin und Ethan Hawke erinnern sich, beschreiben den ungekrönten König, kommentieren, analysieren und kritisieren, meistens unterwegs in jenem sagenhaften Rolls-Royce. Geschickt verknüpft Eugene Jarecki diese Gesprächsepisoden mit Elvis-Bildern und Auftritten. So entsteht mit diesem kontemplativen Roadmovie nicht nur ein spannendes Pop-Kaleidoskop, sondern auch ein amerikanisches Gesellschaftsbild. Elvis dient als Metapher für ein Land im Sinkflug, für die verhängnisvolle Verbindung von Geld und Gier, Macht und Verfall. Das wirkt teilweise etwas herbeigeholt und zwängend, birgt aber auch denkwürdige Ansätze. Man kann den komplexen Film The King – Mit Elvis in Amerika einfach nur als Fallstudie Elvis lesen und erleben.

20.02.2024

4

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