Colette Ungarn, Grossbritannien, USA 2018 – 111min.

Filmkritik

So aktuell wie eh und je

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Die Rolle der Gabrielle Colette ist eine, die Keira Knightley über viele Jahre hinweg gesucht hat. Eine starke, selbstbewusste Frau, die sich von den Zwängen der Gesellschaft, aber auch ihres Mannes freikämpft – und das, obwohl sie in einer sehr lockeren Beziehung lebte, die ihr (fast) alle Freiheiten liess. Aber eine eben nicht: Sie konnte ihre Werke nicht unter ihrem Namen publizieren.

Als junge Frau verliebt sich Colette (Keira Knightley) in den Schriftsteller Willy (Dominic West), heiratet ihn und folgt ihm nach Paris, wo das Leben nicht so ist, wie sie es sich vorgestellt hat. Willy beschäftigt seine Ghostwriter und fordert auch Colette auf, etwas zu Papier zu bringen. Denn das mit beiden Händen hinausgeworfene Geld muss auch irgendwo wieder eingenommen werden. Sie erfindet Claudine, die auf ihrem eigenen Leben basiert. Der erste Roman wird ein durchschlagender Erfolg, weitere folgen, doch es kommt der Punkt, da Colette nicht mehr im Schatten ihres Mannes stehen will…

Colette ist ein wunderschöner Film. Die Ausstattung ist prächtig, die Kostüme und die Frisuren akkurat – hier wird das Paris des ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhunderts beeindruckend zum Leben erweckt. Interessant ist der Film aber vor allem wegen der Hauptfigur. Es ist eine feministische Geschichte, die hier erzählt wird, vom Kampf gegen ein System, das auf den Mann ausgerichtet war. In dieser strengen Form gibt es das heute nicht mehr, die Gleichberechtigung ist aber noch lange nicht erreicht. Das macht diese Geschichte so aktuell, weil es auch um Selbstbestimmung geht. Darum, dass man das Leben so leben kann, wie es einem gefällt, egal, was die Gesellschaft sagt oder denkt.

Der Film gehört ganz und gar Knightley, ihr Co-Star Dominic West ist als Lebemann und Womanizer Willy aber auch grossartig, weil er die Figur charmant anlegt. Man kann verstehen, wieso Colette sich in ihn verliebte und ihm so viel nachsah, man erkennt aber auch, dass der Mann voller Fehler ist, die verhindern, dass aus der einst echten Liebe ein Happyend entstehen konnte. Aber was der Film auch betont: Es war Willy, der Colettes freigeistiges Denken unterstützt, wenn nicht gar gefördert hat.

Der Film schafft es, die damalige Zeit lebendig werden zu lassen und dem Zuschauer das Gefühl zu vermitteln, wie es gewesen sein muss, mit der dekadenten Lebensweise der einen, aber auch dem Mut zur (schrägen) Kunst der anderen. Ganz toll ist die Sequenz im Moulin Rouge, als Colette das erste Mal auf der Bühne steht. Colette ist ein sehenswerter Film mit zwei herausragenden Darstellungen, der von längst vergangener Zeit erzählt und dennoch aktuell ist.

28.02.2024

4

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Kommentare

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selinaburri

vor 5 Jahren

Toll gespielt


Barbarum

vor 5 Jahren

"Colette" erfüllt alle Anforderungen, welche man an ein Biopic/Kostümdrama stellen kann, bleibt inszenatorisch aber ausnehmend auf der sicheren Seite. Doch dank dem Spiel von Knightley und West sieht man es dem Film nach.


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