#Female Pleasure Schweiz 2018 – 101min.
Filmkritik
Mit (Zivil-)Courage für die Gleichberechtigung
Barbara Miller forscht in der Begegnung mit fünf Aktivistinnen dem weltweiten Phänomen der (sexuellen) Unterdrückung der Frau nach.
Hochglänzende Werbefotos und Aufnahmen von religiösen Kultstätten und Festen. Frauen in „sexy“ Posen, und Frauen in traditionell Körper verhüllender Kleidung. Im Off eine Frauenstimme, die sagt: „Sie kontrollieren und verstümmeln uns. Sie schlagen und vergewaltigen uns. Und danach klagen sie uns wegen unseres Geschlechtes an“: Nachdem Barbara Miller 2012 in Forbidden Voices drei Menschenrechtsaktivistinnen porträtierte, die man in ihren Heimatländern mundtot zu machen versucht, richtet sie ihre Aufmerksamkeit in #Female Pleasure nun auf ein Phänomen, das man gern als situativ wahrnimmt, das sich auf der ganzen Welt aber in ähnlicher Weise manifestiert: Ein enormes Missverhältnis zwischen den Geschlechtern, das sich in über Jahrtausenden herangewachsener Tradition begründet in uralten „Heiligen Schriften“, wie der Bibel, dem Koran, der Thora.
Dabei zeigt sich das immer gleiche Bild: Der Körper der Frau gilt als unrein und bringt das Böse in die Welt. Sie ist deswegen dem Mann unterstellt, hat kein Recht auf Selbstbestimmung, oft auch kein Recht auf eine eigene Sexualität. Das ist bei den Juden so, wie bei den Muslimen; in Indien, so wie in Japan. Und so wie man ebenda eine Künstlerin wegen ihrer provokativen Darstellung weiblicher Geschlechtsteile vor Gericht stellt, erklärt man in Europa einer ehemaligen Ordensfrau, als sie ihre Vergewaltigung durch einen klerikalen Vorgesetzten rapportieren will, dass das nicht geht, weil dabei keine Waffengewalt angewandt wurde.
Barbara Miller forscht diesem Phänomen in der Begegnung mit fünf Frauen nach, die zu den wichtigsten Aktivistinnen der Welt gehören: die ehemalige Ordensfrau Doris Wagner, die Künstlerin Rokudenashiko, die für die Selbstbestimmung muslimischer Frauen kämpfende Somalierin Leyla Hussein, die Jüdin Deborah Feldman, die sich mit „Unorthodox“ von ihrer Herkunft freischrieb und die Inderin Vithika Yadav, die ihre Landsmänninnen via Online-Plattform und Strassenaktionen ermuntert, sich gegen sexuelle Übergriffe zu wehren.
Die fünf reden in #Female Pleasure offen über Tabus und ihre zum Teil schmerzhaften, persönlichen Erfahrungen. Doch ihr Kampf, so vermitteln sie und so ermittelt insgesamt auch Millers Film, lohnt. Und so ist #Female Pleasure – auch wenn man Miller vorhalten kann, dass es vielleicht noch andere als religiöse Gründe für das Ungleichgewicht der Geschlechter gibt – ein kluger Beitrag zu einer Gender- und Gesellschaftsdebatte, die nicht zuletzt im Zusammenhang mit #MeeToo zu führen dringend Not tut.
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