Juliet, Naked Grossbritannien, USA 2018 – 105min.

Filmkritik

Über die Liebe, das Leben und die Kunst

Peter Osteried
Filmkritik: Peter Osteried

Bei Nick Hornby geht es meist um Musik. Weil Musik im Leben der Menschen eine wichtige Rolle spielt. In der neuesten Verfilmung eines seiner Romane ist es auch so, dass die Musik eine zentrale Rolle einnimmt, aber – wie im echten Leben – ist die Musik gar nicht so wichtig: In erster Linie geht es nämlich um Menschen.

Annie (Rose Byrne) ist mit ihrem Leben unzufrieden, ihr Freund Duncan (Chris O'Dowd) ist wiederum der grösste Fan von Tucker Crowe (Ethan Hawke), einem Musiker, der vor Jahrzehnten seine Karriere beendet hat. Als sie sich auf Duncans Website über Tuckers Musik äussert, schreibt dieser ihr wenig später eine E-Mail. Beide unterhalten sich daraufhin kontinuierlich, während Duncan seine eigene Unzufriedenheit erkennt und Veränderungen in seinem Leben anstösst. Drei Menschen, die alle an einem Scheideweg sind: Entweder machen sie weiter, wie bisher, oder aber sie beginnen etwas Neues.

Hornbys Geschichte ist eine über Enttäuschungen, über Menschen, die in ihrem Leben festgefahren sind, aber fast schon den Mut verloren haben, sich daraus zu erheben. Es geht um das Bedauern der Vergangenheit und die Erkenntnis, dass man an ihr nichts ändern kann. Der Weg führt nur nach vorn. Das ist eine mehr als simple Botschaft, die den Kern von Hornbys Geschichte ausmacht, aber eine, in die man sich verlieben kann, was auch an den wunderbaren Hauptdarstellern liegt. Die Chemie zwischen Rose Byrne und Ethan Hawke ist grossartig, aber auch Chris O'Dowd ist vorzüglich.

Juliet, Naked ist ein überaus reizender Film. Keiner, der das Genre erschüttern würde oder besonders originell wäre, aber einer, der das Herz am rechten Fleck hat. Der nicht herablassend, sondern mit viel Interesse auf überbordende Passion blickt. Einer der schönsten Momente ist dabei, als Duncan mit Tucker am Tisch sitzt, aber erkennen muss, dass der Musiker seine eigene Musik nicht so schätzt, wie Duncan es tut. Das ist ein wichtiger Moment: Dass es manchmal besser ist, einem persönlichen Helden nicht zu begegnen. Aber die Kunst gehört nicht dem Künstler, sie gehört jenen, die sie goutieren.

Um Kunst geht es hier aber nur nebenbei. Im Grunde ist Juliet, Naked ein Film über ganz normale Menschen, über ihre Probleme, über die Liebe, über Wünsche und Hoffnungen und darüber, wie am Ende eben doch alles gut werden kann. Ja, das ist kitschig, aber einem Hornby-Film sieht man das nach. Weil man sich gerne in seinen Welten verliert und für die Spanne der Laufzeit eines Films der märchenhaften Glückseligkeit eine Chance geben will.

26.03.2024

3.5

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Kommentare

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Barbarum

vor 6 Jahren

Annie (Rose Byrne) sehnt sich danach, Mutter zu werden. Ihr Partner Duncan (Chris O'Dowd) bevorzugt es derweil, seiner Leidenschaft für den verschollen geglaubten Indierocker Tucker Crowe (Ethan Hawke) zu frönen. In "Juliet, Naked", angelehnt an den gleichnamigen Roman Nick Hornbys, bleiben die Misslichkeiten der einzelnen Figuren recht oberflächlich betrachtet. Und als Komödie kommt der Film, trotz engagiertem Spiel der Darsteller, nie wirklich in Schwung.Mehr anzeigen

Zuletzt geändert vor 6 Jahren


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