Le vent tourne Belgien, Frankreich, Schweiz 2018 – 86min.
Filmkritik
Der Wind dreht, und die Idylle zerbricht
Schauplatz Jura. Ein Paar scheint sich selbst genug in ihrer Idylle, doch die Harmonie wird gestört, als ein Ingenieur auf dem Hof ein Windrad installieren soll. Bettina Oberlis ländliches Drama beschreibt einen alten Konflikt: Ein Fremder bringt ein Paar aus dem emotionalen Gleichgewicht. Neuer Wind kommt auf: Sehnsüchte brechen auf, und Lebensentwürfe erweisen sich als fragil.
Der Wind wurde und wird immer wieder gern als Begriff für Bewegung und Veränderung, als Metapher für den kosmischen Geist und göttlichen Atem benutzt. Spruchweisheiten nehmen gern auf den Wind Bezug: Wenn man weiss, woher der Wind weht, kennt man sich aus; Wer etwas in den Wind schlägt, ist eventuell leichtsinnig; Ist etwas vom Winde verweht, sind Spuren verwischt, hat sich etwas verflüchtigt. Wenn der Wind dreht, geschieht etwas Bedeutsames, sind Veränderungen angesagt. So ist auch der Filmtitel Le vent tourne zu verstehen. Etwas plump arrangiert, wird dies durch ein Windrad unterstrichen. Sie scheinen ein Herz und eine Seele: Pauline (Mélanie Thierry) und Alex (Pierre Deladonchamps) bewirtschaften einen Bauernhof im Jura. Sie sind genügsam, geniessen ihr einfaches, natürliches Leben in Abgeschiedenheit. Sie sind Idealisten, meinen es gut, haben ein russisches Ferienmädchen (Anastasia Shevtsova) für ein paar Wochen aufgenommen. Sie wollen autonom, unabhängig sein. Deswegen plant Alex ein Windrad zwecks Stromerzeugung. Und so taucht eines Tages Samuel (Nuno Lopes), der Ingenieur, auf, der es installieren soll. Ein Fremder, der die Idylle bereits beim ersten Besuch stört. Allzu forsch fährt er im Hof ein und überfährt eines der Wollschweine. Es kommt, wie es kommen muss: Paulines Interesse ist geweckt, sie fühlt sich zum Eindringling hingezogen, sucht ihn heimlich im Hotel auf und sabotiert die Windturbine, um den Fachmann weiter an den Hof zu “fesseln”.
Mit dem “Fremden” hat der Wind gedreht, ist die Idylle angekratzt, die Zweisamkeit in Frage gestellt. Bettina Oberli (Die Herbstzeitlosen, Private Banking) greift einen alten, melodramatischen Konfliktstoff auf: die Störung einer Idylle durch einen Fremden, die Spannung eines Dreiecksverhältnisses baut sich auf und explodiert, eine Frau muss sich entscheiden und geht ihren eigenen Weg. Doch was bewegt Pauline wirklich? Hat sie sich in der Idylle verloren, getäuscht, wurde ihr überdrüssig?
Was sich wie ein dramatischer Liebes- und Heimatfilm anhört, erweist sich als arg symbolbefrachteter Beziehungsclinch. Er kann die Erwartung nur phasenweise erfüllen. Vieles bleibt Deutwerk, wirkt plakativ. Vor allem ist die Entwicklung der Figuren voraussehbar, da mag die Hauptdarstellerin Mélanie Thierry überzeugen, der Film vermag es insgesamt nicht.
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Kommentare
Wow! Tolle Schauspieler! Wieder Mal eine Beispiel von: nicht viele Worte sind nötig...! Toll!!
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