Three Faces Iran 2018 – 100min.
Filmkritik
Gesellschaftskritisches Roadmovie am Ende der Welt
Der verehrten iranischen Schauspielerin Behnaz Jafari wird eine Videobotschaft zugespielt, in der ein verzweifeltes Mädchen namens Marziyeh um Hilfe bittet, um vor ihrer konservativen Familie entkommen und an eine Schauspielschule gehen zu können – doch die geheimnisvolle Nachricht bricht abrupt ab.
Von dem Schicksal des Mädchens erschüttert, macht sich die in Teheran tätige Jafari zusammen mit ihrem Freund, Regisseur Jafar Panahi, auf die Suche nach ihr und begibt sich auf eine irrwitzige Reise, die sie in die abgelegensten Winkel der Berge des nordwestlichen Irans führt – wo Traditionen das Handeln und Denken der Menschen grösstenteils noch fest im Griff haben. Der Roadtrip, der die beiden in das Heimatdorf Marziyehs führt, erweist sich dabei als abenteuerliches und zuweilen skurriles Unterfangen, das sie über wundersame Zwischenstopps aber schliesslich doch noch zu ihrem Ziel bringt: In ein abgelegenes Bergdorf, das so gar nicht an die weitaus fortschrittlichere iranische Hauptstadt erinnern mag, und in dem Frauen kaum Freiheiten gewährt werden.
Wenn ein verletzter Zuchtbulle den einzig passierbaren Weg versperrt und der Besitzer nichtsdestotrotz noch Geld mit dem Tier zu machen versucht, alte Damen in bereits ausgehobenen Gräbern probeliegen oder eine halsbrecherische Bergstrasse nur durch ein ausgeklügeltes Hupsystem passiert werden kann, dann wird deutlich, dass Behnaz Jafaris (Behnaz Jafari) und Jafar Panahis (Jafar Panahi) geplante Suche noch eines ihrer kleinsten Probleme ist.
Mehr als nur ungewöhnlich sind nicht nur zahlreiche eigentümlich anmutende Dialoge mit Dorfbewohnern, sondern auch die Entstehungshintergründe von Three Faces: Seit der iranische Regisseur Jafahr Panahi 2010 mit einem zwei Dekaden währenden Reise- und Berufsverbot belegt wurde, kommt mit Three Faces bereits sein vierter Film in die Kinos. Solange seine Werke ausserhalb des Irans uraufgeführt, gefeiert und mit Preisen ausgezeichnet werden, scheinen die staatlichen Behörden offensichtlich zumindest teilweise über ihre Restriktionen hinwegzusehen. So wurde Three Faces beispielsweise beim Filmfestival in Cannes uraufgeführt, der Regisseur des mit einem Goldenen Bären ausgezeichneten Films Taxi Teheran musste der Premiere allerdings fernbleiben.
Wenn es um seine Werke geht, lässt sich Panahi allerdings weder als Regisseur noch als Schauspieler viel vorschreiben: Mit minimalistischen Möglichkeiten, einem Assistenten sowie einer einzigen Kamera bei den Dreharbeiten gelang es ihm, ein Werk zu schaffen, das mit leisem Humor sowie mehr oder minder unterschwelliger Kritik an politischen Verhältnissen im Iran, am Patriarchat und an tradierten Einstellungen rüttelt – dabei aber auch einen humorvollen Blick auf ein Leben in einer Provinz voller skurriler Bräuche erlaubt, und in Cannes, trotz oder gerade wegen seiner Abwesenheit, für tosenden Applaus sorgte.
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Kommentare
Nach Cannes durfte der Regisseur Panahani, wir hörten es, nicht reisen. Doch überliefert ist von dort der tosende Applaus des Festivalpublikums. In Zürich, im Kino Riffraff, gab es auch ein eher schüchternes, helvetisch geprägtes Klatschen am Ende des Filmes. Was meiner iranischen Begleitung -am Ende dieses amüsanten Filmes über Menschen und Bräuche in einer Übergangsgesellschaft- ein Lächeln auf die Lippen zauberte. Denn vielleicht galt es auch dem Abspann des leicht spitzbübischen Filmes. In dem der Regisseur offen Namen von Filmschaffenden nannte, die ihn bei diesem Projekt -trotz Repression des Systems- mutig unterstützten.… Mehr anzeigen
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