Vice Spanien, Vereinigte Arabische Emirate, Grossbritannien, USA 2018 – 132min.

Filmkritik

Die Macht des zweiten Mannes

Björn Schneider
Filmkritik: Björn Schneider

Adam McKay (Anchorman) widmet sich in seiner scharfsinnigen, stark besetzten Polit-Satire Vice dem Leben des ehemaligen US-Vizepräsidenten Cheney – und rechnet nebenbei mit den Vergehen der Bush-Regierung ab.

Von Beginn seiner Amtszeit an galt Dick Cheney (Christian Bale) als rechte Hand von George W. Bush (Sam Rockwell). In den Hinterzimmern der Macht war er zwischen 2001 und 2009 an wesentlichen politischen Entscheidungen beteiligt. Vice befasst sich mit Cheneys Werdegang: vom Studienabbrecher über seine Arbeit als „Chief of Staff“ und Verteidigungsminister bis hin zum Höhepunkt der beruflichen Laufbahn zu Beginn der Nullerjahre.

Drei Jahre nach The Big Short legt Adam McKay mit der 60-Millionen-Dollar-Produktion Vice seine achte Regiearbeit vor. Der auch als Schauspieler und Drehbuchautor tätige McKay feierte seinen Durchbruch 2006 mit der Komödie Ricky Bobby. Mit Hauptdarsteller Bale sowie Steve Carell, der in Vice als Donald Rumsfeld zu sehen ist, drehte McKay bereits The Big Short. Vice wurde Ende 2017 überwiegend in Kalifornien gedreht.

Im Kern erzählt der Film – faktenreich und chronologisch – eine Geschichte über die Erfüllung des „American Dream“. Vom Tellerwäscher zum Millionär. Oder im Fall von Cheney: vom jungen Mann ohne akademische Ausbildung zum mächtigsten US-Vize aller Zeiten. Christian Bale, der für die Rolle über 20 Kilo zunahm, verkörpert diese ambivalente Figur mit unbändiger Energie und beachtenswerter Ausdruckskraft.

Der gradlinig inszenierte Film lässt keinen Zweifel daran, dass es sich bei Cheney um einen ebenso machthungrigen wie scharfsinnigen Analytiker mit willensstarkem Charakter handelt. Andererseits aber verschweigt er Cheneys und Bushs Verfehlungen nicht. So wird häufiger auf die sogenannte „Unitary Executive Theory“ verwiesen. Dieses verfassungsmässig garantierte Recht dient dem Präsidenten eigentlich zur Kontrolle der Exekutive. Bush und Cheney aber nutzten es, um später brutale Folter gegen Terrorverdächtige und den grossen Lauschangriff gegen die eigene Bevölkerung zu rechtfertigen. Vice macht durch subtil in die Handlung eingebaute Hinweise (und ausführliche Infotexte vor dem Abspann) auf diese Verbrechen aufmerksam.

Darüber hinaus überzeugt der Film durch die grossartige Maske, durch welche die Darsteller ihren Figuren zum Verwechseln ähnlich sehen. Und von anderen (politischen) Biopics hebt sich Vice zudem durch die vielen unkonventionellen, teils höchst bizarren Regieeinfälle ab. Etwa wenn nach der Hälfte bereits der Abspann beginnt, als Cheney seine politische Karriere (vorerst) beendet. Die Botschaft ist klar. Hätte sich Cheney an diesem Punkt bereits zur Ruhe gesetzt – es wäre ein gutes Ende für den Film geworden und den USA wäre viel Schlechtes erspart geblieben.

15.05.2019

4

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Kommentare

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Barbarum

vor 5 Jahren

"Vice", als Verschmelzung aus Satire und Fakten, funktioniert.

Zuletzt geändert vor 5 Jahren


nanusch

vor 5 Jahren

Gelungenes Portrait eines obskuren Charakters und unterhaltend.


thomasmarkus

vor 5 Jahren

In der Tat - einige RegieEinfälle sind bizarr... gewöhnungsbedürftig.


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