Days of the Bagnold Summer Grossbritannien 2019 – 86min.

Filmkritik

Heavy Metal in Suburbia

Locarno Film Festival
Filmkritik: Locarno Film Festival

Der britische Komiker Simon Bird wirft in seinem Regiedebüt Days of the Bagnold Summer einen zärtlichen Blick auf eine alleinerziehende Mutter und ihren komplizierten Sohn. Eine Komödie über die Tristesse des vorstädtischen Alltags.

Hinter dem Vorhang aus fettigen Haaren mag sich ein netter Junge verbergen, aber zurzeit ist der pubertierende Daniel Bagnold (Earl Cave) einfach nur schlecht gelaunt. Es gibt ohnehin nicht viel, was er mag, ausser Heavy Metal, Cornflakes und seinen Kumpel KY. Eigentlich hätte Daniel die Sommerferien in Florida bei seinem Vater und dessen schwangerer Freundin samt Cabrio verbringen sollen. Als diese die Pläne kurzfristig absagen, stehen ihm nun auch noch sechs lange Wochen mit seiner langweiligen Mutter Sue (Monica Dolan) zuhause im englischen Vorort bevor.

Sie in hellbeigem Strick, er in düsteren Metal-Hoodies: So sehen wir dem Sohn beim Erwachsenwerden und der Mutter auf ihrem nicht weniger holprigen Weg zurück ins Singleleben zu. Mit ihren liebevoll gezeichneten Macken fordern sich die beiden gegenseitig heraus und kommen einander auch vorsichtig näher. Ihr Alltag kreuzt sich höchstens dann, wenn es ums Essen geht, sei es beim Sandwich in der Küche oder der Torte im Café. «Darf ich ein Stück probieren?» fragt die Mutter in vertrauter Regelmässigkeit und weiss auch schon Daniels Antwort: «Aber nicht von der Glasur!» Es sind Dialoge, die umso komischer sind, weil sie wie aus dem Leben gegriffen sind. Schauspieler Earl Cave, Sohn von Nick Cave, erinnert sich: «Manche Streitereien mit meiner Mutter folgten sozusagen demselben Wortlaut – besonders die, in denen es ums Haarewaschen geht.» Obwohl die zurückhaltende Mutter, grossartig gespielt von Monica Dolan, die Sympathien auf ihrer Seite weiss, widmet sich Days of the Bagnold Summer seinen zwei Protagonisten gleichermassen interessiert und unvoreingenommen.

Die Idee für sein Regiedebüt fand der Komiker Simon Bird in der gleichnamigen Graphic Novel von Joff Winterhart. Ausgehend von dessen schwarz-weissen Zeichnungen, schuf er einen bunten Film, untermalt mit dem verträumten Soundtrack der schottischen Band Belle & Sebastian. Dank weiten Einstellungen, die die Szenen rahmen, ist der Comic noch immer zu spüren in dieser episodischen Komödie, die den Alltag und das Gewöhnliche feiert. Zwischen Schuhkauf und Radfahrten durch sorgsam gepflegte Vorgärten bleibt viel Raum für humorvolle Anekdoten, die nur selten überzeichnet wirken. So gelingt Simon Bird ein erstaunlich feinfühliges Porträt der Familie Bagnold und eine kleine Hommage an das Leben in einem Vorort.

29.07.2020

4

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Kommentare

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Patrick

vor 4 Jahren

Es ist äusserlich Vergnüglich dessen Dialogen von Mutter & Sohn beizuwohnen.Die Darsteller~Leitungen sind vom feinstem und die Filmlauf Zeit von unter 90 Minuten ist gerade richtig so wird’s nie langatmig.Fazit:Ein Film zum verlieben.


thomasmarkus

vor 4 Jahren

Still, einfühlsam, und zum Schluss ein Lächeln.


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