Der Bär in mir Schweiz 2019 – 91min.
Filmkritik
Einen Sommer lang im Grizzlyland
Roman Droux hat zusammen mit dem Biologen David Bittner einen Sommer bei den Braunbären in Alaska verbracht.
Bären faszinieren Roman Droux, seit er als Kind seinen ersten Plüsch-Teddy bekam. In Bern aufgewachsen hat er oft staunend am Bärengraben gestanden und Berns Wappentieren Möhren verfüttert; heute, erzählt er in seinem autobiografisch angehauchten Film, hausen die Bären komfortabler in einem Park an der Aare, und füttern darf man sie nicht mehr. Droux, Filmregisseur geworden, hat nach einigen kürzeren Arbeiten zusammen mit dem Biologen David Bittner 2011 einen ersten Film über Bären realisiert (Unter Bären – Aug in Aug mit wilden Grizzlies in Alaska).
Nun hat er erneut mit Bittner zusammengespannt und sich einen Bubentraum erfüllt: Einen Sommer lang haben die beiden mit wenig mehr als einigen Kameras bewaffnet in einem küstennahen Tal in Alaska verbracht. Bittner hat das Tal, in dem sich zur Zeit der Lachszüge die Braunbären der umliegenden Hügel zusammenfinden, 2002 entdeckt und kehrt immer wieder dahin zurück. Seine Freude über das Wiedersehen mit den ihm vertrauten Petzen nach einem Winter, den diese schlafend in ihren Höhlen, er in der Schweiz verbrachte, ist so gross, wie wenn er gute alte Freunde wiederträfe.
Dabei ist klar reglementiert, dass der Mensch sich den Tieren nicht mehr als auf 50 Meter nähern darf. Die Bären aber dürfen dem Menschen so nahe kommen, wie ihnen beliebt. Und sie kommen, von Grunde auf neugierig und von Wuchs zum Teil riesig, Bittner, aber auch Droux, sehr nahe. So nahe, dass eine Kamera auch schon mal unsanft Bekanntschaft mit einer Bärenschnauze schliesst – die Zuschauer aber mit sensationellen Aufnahmen aus freier Wildbahn verwöhnt werden.
Abgesehen davon kennzeichnen Droux‘ Film die Freuden und Leiden seiner pelzigen Protagonisten und ihrer menschlichen Beobachter: von Knurren begleitetes Kräftemessen der Bären oder die mit längerem Ausbleiben der Lachse zunehmend in Stress ausartende Fürsorge der Bärinnen um ihre Jungen. Manchmal kommen sich Bär und Mensch näher, als letzterem geheuer ist, und dann pocht vorübergehend das Adrenalin in den Adern. Grundsätzlich aber bleibt Bittner – und allmählich auch Droux – selbst in für den Betrachter vermeintlich brenzligen Situationen gelassen. Dass Der Bär in mir nicht nur wonnige, sondern – nach menschlichem Ermessen – auch triste und schreckliche Momente aufzeichnet, sei als Warnung für Zartbesaitete erwähnt und gebührt dem Film im Sinne der Authentizitätswahrung hoch angerechnet.
Sie müssen sich zuerst einloggen um Kommentare zu verfassen.
Login & Registrierung