The County Island 2019 – 90min.
Filmkritik
Eine isländische Bäuerin macht mobil
Grímur Hákonarsons schildert in seinem Film den vehementen Kampf einer frisch verwitweten Isländerin gegen die korrupten Machenschaften der lokalen landwirtschaftlichen Kooperative.
Inga lebt mit Reynir auf dem von seinen Eltern übernommenen Hof im Nordwesten Islands, ihre zwei Kinder sind ausgezogen. Inga besorgt den Hof und bestellt das Land. Reynir hilft ihr und verdient nebenbei als Lastwagenfahrer dazu. Wie alle Bauern der Umgebung gehören die beiden der letzten landwirtschaftlichen Genossenschaft Islands an, alle anderen Kooperativen haben sich aufgelöst, als sich die Wirtschaft mit der Gründung der EU und der Globalisierung in den 1980er-Jahren neu auszurichten begann.
Obwohl Inga und Reynir hart arbeiten und auf Ferien verzichten, ist ihr Hof verschuldet. Denn als Angehörige der Kooperative sind sie gezwungen, ihre Ein- und Verkäufe sowie ihre Bankgeschäfte via Kooperative abzuwickeln. Somit haben sie, und darüber diskutieren sie oft auch mit Freunden, keinen Zugang zur freien Marktwirtschaft und auch keine Chance, auf einen grünen Zweig zu kommen. Was hingegen Inga bis am Abend, an dem Reynir von seiner Tour nicht zurückkehrt, nicht weiss ist, dass die Kooperative Reynir zwang, regelverstossende Lieferungen anzuzeigen.
Inga – sie wird als vom Leben gezeichnete Frau glänzend gespielt von der energischen Arndís Hrönn Egilsdóttir – ist vorerst wie gelähmt. Ihre Kinder, Freunde, Nachbarn kümmern sich um sie und auch die Kooperative greift ihr unter die Arme. Doch als Inga eines Morgens entdeckt, dass ein Genossenschafter so ungefragt ihr Feld bestellt, als ob es sein eigenes wäre, fühlt sie eine unbändige Wut in sich aufsteigen. Sie nimmt fortan nicht nur den Betrieb wieder in die eigene Hand, sondern beginnt auch nachzuforschen. Und prangert schliesslich in einem geharnischten Facebook-Eintrag ungeschminkt die mafiösen Machenschaften des Vorstands der Kooperative an.
Grímur Hákonarson (Rams) erzählt naturnah und mit trockenem Humor. Er verflicht den Trauerprozess seiner Protagonistin, die Story um ihre Ermittlungen und ihren erwachenden Kampfgeist unmittelbar ineinander, und obwohl Inga vorerst alleine dasteht, gewinnt sie mit sturer Beharrlichkeit und teilweise drastischen Kampfmethoden zunehmend Anhänger. Auch wenn The County vordergründig die Geschichte einer Exzentrikerin erzählt, dreht er sich letztlich um aktuell brennende Themen wie die gesellschaftliche Stellung der Frau, die Auswirkung der Globalisierung auf das Kleinbauerntum und die Frage nach dem Funktionieren der Demokratie, wo deren Werte verraten werden.
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