Die Rückkehr der Wölfe Schweiz 2019 – 91min.
Filmkritik
Rückkehr der Wölfe
Der Wolf erobert sich allmählich seinen Lebensraum zurück. Thomas Horat geht in seiner nuancierten Dokumentation der Frage nach, inwieweit ein Zusammenleben zwischen Mensch und Wolf möglich ist.
Seit Jahren wächst in der Schweiz der Bestand an Wölfen kontinuierlich. 2018 wurden fast 50 Einzeltiere gezählt. Ein Jahrhundert nachdem der Wolf in der Schweiz ausgerottet wurde, erobert er sich seinen Platz Stück um Stück zurück. Einerseits ruft die Rückkehr des Raubtieres eine tief sitzende Urangst hervor. Andererseits aber kehrt es lediglich in seine angestammte Heimat zurück. Filmemacher Thomas Horat stellt den Wolf ins Zentrum des Geschehens und versucht wichtige Fragen zu beantworten: Wie und wo lebt er? Wie gefährlich ist der Wolf für den Menschen? Sollte der Abschuss erleichtert werden?
Die Rückkehr der Wölfe zeigt auf vielschichtige Weise, dass man all diesen Fragestellungen differenziert nachgehen und stets beide Seiten – die der Skeptiker und die der Befürworter – im Blick behalten sollte. Sorgsam arbeitet Horat etwa die berechtigte (Existenz)Angst einiger Schafhalter heraus, deren Herden von Wölfen angegriffen wurden. In einem der interessantesten Momente des Films erklärt eine österreichische Wildtierbiologin den Schafhaltern, wieso man den Tieren nicht mit Hass und Ablehnung begegnen sollte.
Jedes einzelne Lebewesen und Tier habe seine Berechtigung, sagt sie. „Wir stehen nicht über Gott und haben kein Recht darüber zu bestimmen, welches Tier wo leben darf.“ Auf Verständnis stösst sie bei ihren Gesprächspartnern dabei – erwartungsgemäss – nicht. Exemplarisch zeigt diese Szene, wie komplex die Thematik eigentlich ist und dass es um mehr geht als nur um den Aspekt, welche Gefahren für uns Menschen und unsere Nutztiere bestehen. Es geht um das Gleichgewicht zwischen Natur und menschlicher Zivilisation, um ein Nebeneinander unterschiedlicher Lebewesen und die Auswirkungen auf unser Ökosystem.
Horat lässt viele weitere Experten zu Wort kommen, darunter Naturführer und Wissenschaftler, die über das Wesen und Sozialverhalten des dem Menschen nicht unähnlichen Tieres aufklären („Wir sind Schwesternarten in der Evolution“). Darüber hinaus informiert er über den historischen Hintergrund, den er mit Hilfe beeindruckender, an Ölgemälde erinnernder Animationen visualisiert. Wir reisen mit Horat zurück in die Mitte des 19. Jahrhunderts. Die Kernfrage: Wieso kam es überhaupt zur Ausrottung?
Das Wissen darüber sowie die spannenden Schilderungen von Menschen, die in friedlicher „Nachbarschaft“ zu den Tieren wohnen, verändern die Sicht auf das Tier nachhaltig. Und wecken ein tieferes Verständnis dafür, wieso die Wiederansiedelung des Wolfes auch eine Chance sein kann.
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