Beyto Schweiz 2020 – 98min.
Filmkritik
Im Widerstreit der Gefühle und Clinch der Kulturen
Gita Gsell romantisches Drama um einen in der Schweiz aufgewachsenen Türken, der zwangsverheiratet wird, als er sich in einen Mann verliebt, umkreist feinfühlig ein gesellschaftlich brisantes Thema.
Beyto – Burek Ates in seiner ersten Kinorolle – ist jung, hübsch, fleissig, klug. Er schreibt gute Noten, ist sportlich, hat gute Aussichten auf eine erfolgreiche Karriere als Schwimmer. Auch hilft er regelmässig mit im familieneigenen Kebab-Restaurant; als einziger Sohn eines aus der Türkei in die Schweiz eingewanderter Paares, steht er seinen Eltern durchaus nahe.
So nahe, dass er mit ihnen nicht darüber reden kann, was ihn beschäftigt: Dass er Gefühle für Männer hat, sich jüngst in seinen um wenige Jahre älteren Trainer Mike verguckt hat und dieser seine Gefühle erwidert. Zögerlich kommen sich die beiden näher, fühlen dem kulturellen Unterschied nach und landen schliesslich miteinander im Bett: schöne stürmische junge Liebe!
Die Eltern sind diesbezüglich nicht ganz blind. Doch die Community türkischer Einwanderer, zu der sie gehören, ist überschaubar und kennt strenge Regeln: Nachdem Beyto mit Mike an der Pride-Parade entdeckt wurde, läuft das Buschtelefon heiss. Die Eltern geraten unter Druck und beschliessen, Beyto während den in der alten Heimat verbrachten Sommerferien mit seiner Cousine Seher zu verheiraten.
„Hochzeitsflug“ heisst der 2011 erschienene Roman von Yusuf Yeşilöz, welcher dem Film von Gitta Gsell zu Grunde liegt. Dass die darin arrangierte Ehe von den Eltern nicht verhandelt wird, sondern heimlich und unter Zwang zustande kommt, wirkt etwas befremdlich. Dies umso mehr als Gsell Eltern und Sohn nicht als voneinander distanziert zeigt und Seher und Beyto sich seit früher Kindheit kennen. Doch es mag im kulturellen Clinch, in welchem die Geschichte spielt, solches womöglich tatsächlich geschehen.
So kehrt Beyto nach einigen Wochen, die er abgeschnitten vom Telefonnetz ohne jeden Kontakt zu Mike verbrachte, mit seiner Frau in die Schweiz zurück. Mike ist düpiert. Seher, von Beyto über die Situation aufgeklärt, fühlt sich verraten. Beytos Eltern aber bereiten in der Schweiz frohgemut ein Fest vor.
Gitta Gsell hat Beytos Geschichte mit viel Feingefühl, sorgfältig und locker inszeniert. Etwas bedauerlich strebt dieser urplötzlich eilig seinem Ende entgegen, auch droht er da und dort droht er ins Kitschnäpfchen zu tappen. Alles in allem aber ist „Beyto“, in und um Bern gedreht ein gelungener Film, der in leichtem Tonfall gesellschaftliche Themen aufgreift, die dringend besprochen werden sollten.
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Kommentare
Kaum glaublich, dass Bureq Ates keine Schauspielerfahrung hatte. Eine grosse Entdeckung.
Dramatisch, wie mit allen mitgefühlt werden darf, nicht einfach gut gegen bös... So 'wohlgemut' scheinen mir die Eltern allerdings nicht Fest und 'Tornee' in der Schweiz geplant zu haben... Es ist mehr eine Art 'Hoffnung wider alle Hoffnung'.
(M)eine Beobachtung: Es gibt eine grosse Diskrepanz zwischen der Verteufelung der Homosexualität in der türkisch-orientalisch (-islamsichen) Welt zu geben, und dem unbefangenen Hand in Hand spazieren der Männer in diesen Landen. Auch thematisiert vor allem die islamische Liebeslyrik (Hafis u.a.) die Liebe der Seele zu Gott in der Lieb e (zu Wein!) und vom Mann zum 'jungen hübschen Türken'. Die Homophobie (und entsprechende Gesetzgebung) nota bene nihct genuin 'orientalisch', sondern ein viktorianisches Bleibsel aus Kolonialzeit...… Mehr anzeigen
Das Movie erinnert an das Homo Fussball~Drama *Mario* nur hat mich Beyto mehr überzeugt.Den das Schauspiel von Burak Ates ist grandios und ein paar Szenen sagen auch ohne viel Worte sehr viel aus,z.b. jene als Beyto von der Türkei zu seinem Freund in die Schweiz flüchten möchte und das Flugzeug ohne ihn los flieget so quasi der Flug in die Freiheit.Dafür gibts von Mir 4.1/2 Sterne von 5.… Mehr anzeigen
Zuletzt geändert vor 4 Jahren
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