Deux Belgien, Frankreich, Luxemburg 2019 – 95min.
Filmkritik
Ich spüre dich
Das Drama «Deux» zeigt die starke Liebe zwischen zwei Frauen, die sich mit gesundheitlichen Komplikationen und dem Nicht-Wissen ihrer Familien über ihre Beziehung auseinandersetzen müssen.
Nina (Barbara Sukowa) und Madeleine (Martine Chevallier) sind seit Jahrzehnten Nachbarn im obersten Stockwerk. Die beiden Tür an Tür lebenden gehen zwischen den Wohnungen hin und her, geniessen und teilen die Freuden des täglichen Lebens. Als Madeleine einen Schlaganfall erleidet und dadurch eine starke körperliche Einschränkung erfährt, stellt dies die Beziehung der beiden auf den Kopf. Durch einen vorherigen Streit ist Nina im Zwiespalt: Gespalten zwischen dem Respekt vor Madeleine, diese nicht versehentlich und gegen ihren Willen vor ihrer Familie zu outen, die nichts über die beiden Liebenden und ihre Zukunftspläne weiss, und der Gewohnheit, die Gesellschaft der anderen und das Bett zu teilen.
Die grösste Herausforderung ist die strenge Pflegekraft von Mado, die rund um die Uhr dafür sorgt, dass Nina keine Zeit mit Madeleine verbringen kann. Dies bringt sie in die Situation, die Arbeit der Pflegerin zu sabotieren, um zumindest ein wenig Zeit mit Madeleine verbringen zu können.
Hauptdarstellerin Martine Chevallier überzeugt wortkarg durch ihre ausdrucksstarke Darstellung und reagiert auf die sensiblen Versuche von Barbara Sukowa, Madeleine wieder in ihr gewohntes Leben zu führen. Die beiden gegensätzlichen Rollen erzeugen ein grossartiges dynamisches Spiel: Zwischen dem Charakter der Mado, welche sich introvertiert positioniert und sich immer gezwungen sah ihre Gefühle zurückzuhalten und der stark entschlossenen Kämpferin Nina, die Mado die Türen zu einer selbstbestimmten und unabhängigen Zukunft öffnet. Die stark ausgedehnte Spannungskurve lässt einen auf das Ende hinfiebern, lässt jedoch deutlich auf sich warten. Die simple Geschichte passioniert mit authentischen Gefühlen und Intimität. Faszinierend sind die gekonnt eingesetzten audiovisuelle Elemente, indem der Föhn beim Friseur wie ein startendes Flugzeug klingt.
Sehenswert ist das mitreissende Drama allein schon deswegen, da die Thematik «Coming-out», Zugehörigkeit und zu sich selbst stehen, auf sensible und bescheidene Weise imaginiert wird. Das Werk von Regisseur und Co-Autor Filippo Meneghetti ist eine Mischung aus «Greta» und «Die Erbinnen», wenn späte sexuelle Selbstentfaltung auf eine eingelebte lesbische Beziehung treffen.
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