Hinterland 2021 – 99min.

Filmkritik

Expressionistischer Thriller mit Starbesetzung

Filmkritik: Walter Rohrbach

Mehr als düster ist es für Peter: Der Krieg und seine siebenjährige Kriegsgefangenschaft haben tiefe Spuren in Gesicht und Seele des ehemaligen Kriminalbeamten hinterlassen. Als er 1920 nach Wien zurückkehrt muss er sich nicht nur auf die Suche von Frau und Kind begeben, sondern es ist ihm bereits ein blutrünstiger Serientäter auf den Fersen.

Was geht wohl in einem Soldaten vor, der den 1. Weltkrieg und sieben Jahre russische Kriegsgefangenschaft hinter sich gebracht hat und in seiner Heimatstadt Wien nun so unfreundlich empfangen wird? Den Kaiser, für den die zurückkehrende Truppe gekämpft haben, gibt es nicht mehr. Das Stadtbild der Nachkriegszeit ist gezeichnet von Revolutionen und Feindseligkeiten. An jeder Ecke werden Frauen, teilweise auch Kinder, zur Prostitution angeboten und die Moral scheint der Stadt an der Donau in einem der schmutzigen und stinkenden Kanäle abgeflossen zu sein. Die hohe Arbeitslosigkeit und die aufstrebenden faschistischen Gruppierungen machen jede dunkle Ecke zu einem gefährlichen Ort. Man mag den Schock erahnen, wenn man in die bleichen Gesichter der nach Wien zurückkehrenden Soldaten blickt, denn sie werden keineswegs als Helden empfangen: Nach der Rückkehr von einem schrecklichen Krieg müssen sie geächtet als Bettler und Obdachlose leben.

Auch Peter Perg ist schwer gezeichnet, aber im Gegensatz zu vielen anderen hat er eigentlich ein Zuhause. Nach seiner Rückkehr macht er sich deshalb auf die Suche nach Frau und Kind. Allerdings begleitet ein blutrünstiger Serientäter seine Nachforschungen und brutale Morde begleiten seine Streifzüge durch das düstere Wien der 1920er.

Der oscarprämierte (für den besten fremdsprachigen Film «Die Fälscher») Filmemacher Stefan Ruzowitzky widmet sich nach «Narziss und Goldmund» erneut einem historischen Stoff und porträtiert in eindrücklichen Bilder einen Kriminalthriller der unter die Haut geht – und setzt, um den dunklen Umständen dieser Zeit auch visuell Nachdruck zu verleihen, die bekannte Blue-Screen-Technik ein. Eine Technik die erlaubt an die expressionistischen Klassiker wie «Das Cabinet des Dr. Caligari» oder «Dr. Mabuse» anzuknüpfen und mittels digitaler Bearbeitung die Perspektiven verschieben: Gebäude die stürzende Linien aufweisen, schief und schräg in den Himmel ragen und die hoffnungsarme Zeit und den tragischen Zerfall der Gesellschaft dieser Zeit unterstreichen. Der verfälschte Hintergrund sieht damit eben genauso aus, wie der Protagonist Perg ihn wahrnimmt: verschoben, verzerrt und instabil.

Entstanden ist ein interessanter Mix der Machart von «Sin City» und der Elemente von «Babylon Berlin» enthält und einige bekannte Gesichter auf die Leinwand zaubert: Murathan Muslu (als Peter Perg), Liv Lisa Fries, Max von der Groeben, Marc Limpach, Victor Renner und Matthias Schweighöfer. Aber Achtung, Ruzowitzky und seine Crew scheuen nicht davor zurück blutrünstige Bilder der Morde à la «Se7en» zu zeigen. Wer solche Szenen ertragen kann, auf den wartet aber ein gelungenes, packendes und visuell aussergewöhnliches Kinoerlebnis.

17.08.2021

4

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