Robuste Belgien, Frankreich 2021 – 95min.

Filmkritik

Alte Hände und junges Talent

Filmkritik: Laurine Chiarini

Aus der Begegnung zwischen Depardieu, der seine eigene Figur verkörpert, und einer jungen Frau, die als Bodyguard arbeitet, entsteht ein explosives Duo. Ihre Zusammenarbeit entwickelt sich von einer anfangs aufgezwungenen beruflichen Beziehung zu einer unerwartet guten Freundschaft.

Robust: bezieht sich auf die Figur oder die Stimmung einer Person. George ist es wahrscheinlich ein bisschen zu sehr: Nach drei Schritten ist er ausser Atem. Aïssas imposante Statur ist sowohl bei ihren Ringkämpfen als auch bei ihrer Arbeit als Sicherheitskraft von Vorteil. Zu Hause macht Georges, was er will: Seine Robustheit wird zur Sturheit. Ein alter Veteran der Leinwand, müde von den Anforderungen seines Jobs und dem unaufhörlichen Ballett seines Teams, die ihn umschwirren, schickt er seine Kollegen kurzerhand weg. Bei Aïssa wird Robustheit zu Zenit, zur totalen Beherrschung des Äusseren und zur olympischen Ruhe bei ihrer delikaten Arbeit.

Das Aufeinandertreffen ist beeindruckend: Auf der einen Seite Gérard Depardieu, ein Monument des Kinos, der mehr oder weniger seine eigene Person spielt. Zum anderen Déborah Lukumuena, eine junge aufstrebende Schauspielerin, die 2017 den Lumières-Preis für die beste Nachwuchsdarstellerin und im selben Jahr den César für die beste Nebendarstellerin gewann. Vergessen wir für einen Moment den Altersunterschied, den Status und die Berühmtheit, denn das Gleichgewicht zwischen den beiden ist nahezu perfekt und stellt sie mit einer unmerklichen Neigung auf ein Podest, fast wie Gleichgestellte. Mehr als in der Geschichte liegt hierin das Interesse des Films: In der Begegnung zwischen einem erfahrenen Künstler und einer jungen Frau, deren beide Kulturen und Hintergründe kaum Gemeinsamkeiten haben.

Unter dem Panzer verbirgt sich eine gewisse Verletzlichkeit. Georges, der unerträgliche, launische Kabarettist, ist abends alleine nur mit sich selbst, wenn seine Kohorte von Assistenten und PR-Managern verschwunden ist. Aïssa begnügt sich - absichtlich, wie sie sagt - mit einer romantischen Beziehung ohne Liebe. Robustheit bedeutet auch Solidität, ein Bild von innerer Ruhe und Beherrschung, das Aïssa verkörpert. Sei es auf den Tatamis oder in Georges' Wohnzimmer, wo sie ihn körperlich dabei unterstützt, besser atmen zu können, wenn das Herz des alten Mannes rast. Es muss die junge Schauspielerin eine einzigartige physische und mentale Stärke gekostet haben, sich gegen ihren gewichtigen Partner durchzusetzen. Eine Herausforderung, die sie mit kontrollierter Eleganz gemeistert hat.

Die Geschichte zwischen Georges und Aïssa ähnelt ihnen: Stark und leise. Sie baut sich zu einem Crescendo auf und verklingt dann in einer Erzählung, die keinen Höhepunkt zu haben scheint. Wer Brillanz erwartet, wird vielleicht enttäuscht sein. Andererseits sorgt die Vielfalt der Besetzung für einen willkommenen frischen Wind. Die Musik, die ausschliesslich aus Stimmen besteht - einige überarbeitet, andere intakt - unterstreicht die Tiefe von Georges' schwerem Atem und Aïssas kontrolliertem Atmen während der Ringkämpfe, bei denen sich Körper berühren, bevor sie sich auf den Tatamis in einer einzigen, wohlgeordneten Masse wälzen.

Übersetzung aus dem Französischen von Laurine Chiarini durch Alejandro Manjon



07.03.2022

3

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