Wild Men Dänemark 2021 – 104min.
Filmkritik
Erwachen eines Steinzeitmannes
Ein Mann (Rasmus Bjerg) hat seine Familie verlassen und lebt in der norwegischen Bergeinsamkeit als steinzeitlicher Jäger und Sammler. Doch ein flüchtiger Drogenschmuggler (Zaki Youssef) stört seine Ruhe. – Mit Einfallsreichtum und herrlich schrägen Typen rechnet Thomas Daneskov in seiner schwarzhumorigen Komödie mit längst überholten, aber immer noch weit verbreiteten Männlichkeitsbildern ab.
Die karge norwegische Felslandschaft spiegelt das Innenleben des Dänen Martin. Eingefroren sind förmlich seine Gefühle, darüber reden will oder kann er nicht. Deshalb hat er Frau und Kinder verlassen und sich in die Einsamkeit zurückgezogen. Hier will er autark als steinzeitlicher Jäger mit Fellbekleidung und Pfeil und Bogen leben.
Bewegung kommt in Martins Leben, als drei flüchtige Drogenschmuggler in der Nähe verunfallen und sich deren Anführer Musa mit einer Sporttasche voll Geld zu Martin retten kann. Dieser näht nicht nur – selbstverständlich ohne Betäubung – Musas schwer lädiertes Bein, sondern erklärt sich auch bereit, Musa zur Fähre Richtung Dänemark zu bringen. An ihre Fersen heften sich aber nicht nur nicht gerade besonders intelligente Polizisten, sondern auch Musas Komplizen, die sich betrogen fühlen, sowie Martins Gattin (Sofie Gråbøl).
Thomas Daneskov setzt in seinem zweiten Spielfilm, der mit seinem schwarzen Humor und der Lust am Deftigen an die Filme seines Landsmannes Anders Thomas Jensen («Riders of Justice») erinnert, nicht auf stringente Handlungsführung. Vielmehr spannt er mit mehreren Parallelhandlungen ein breites Netz und vertraut auf herrlich schräge Typen und lustvoll ausgespielte kleine Szenen.
Immer wieder hinterfragt wird dabei auch Martins Verständnis von Männlichkeit. Nicht nur anachronistisch wirkt er in seiner Fellkleidung, sondern auch völlig unfähig als Jäger zu überleben. Als pure Verkleidung entpuppt sich sein Auftreten zunehmend, doch ein weiter Weg ist es, bis er sich davon lösen und zu seinen Gefühlen zu stehen und diese auszudrücken lernt.
Wunderbar trocken ist das inszeniert, nicht zu übersehen ist aber auch, dass «Wild Men», der gleichermassen Buddy-Movie wie im Finale die Geschichte einer Läuterung ist, dazu tendiert in einzelne Szenen zu zerfallen. Andererseits gibt es aber immer wieder eindrückliche Momente, in denen Absurdes und Berührendes fliessend ineinander übergeht. So gewinnt auch der Polizei-Chef (Bjørn Sundquist) Profil, wenn er zunächst scheinbar völlig unpassend von seiner Leidenschaft fürs Fliegenfischen spricht, dann aber diese in Beziehung zu seiner Ehe setzt. Berührend wird dabei auch auf dieser Ebene sichtbar, wie wenig Männer mit ihren Gefühlen umgehen können und wie schwer sie es sich damit im Leben machen oder auch Beziehungen gefährden.
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