Hatching Belgien, Finnland, Lettland, Norwegen, Schweden 2022 – 86min.
Filmkritik
Das Gelbe vom Ei
Tinja findet ein Rabenei und brütet es heimlich aus. Sie entwickelt eine untrennbare Bindung mit dem Wesen, das darin heranwächst. Doch ist es vielleicht auch eine Gefahr? Die finnische Regisseurin Hanna Bergholm hat eine gleichwohl ungewöhnliche wie auch ganz alltägliche Geschichte übers Erwachsenwerden inszeniert.
Auf Druck ihrer Mutter (Sophia Heikkilä) trainiert die Heranwachsende Tinja (Siiri Solalinna), um an einem Kunstturnen-Wettkampf teilzunehmen. Sie soll den Traum einer erfolgreichen Sportlerin verwirklichen, den ihre Mutter einst als Kunsteisläuferin selbst verfolgte, der aber an ihrer Familiengründung scheiterte. Doch Tinjas Konzentration wird gestört, als sie im Garten ein Rabenei findet und es in ihrem Zimmer ausbrütet. Nach einer gewissen Zeit schlüpft aus dem in der Zwischenzeit erheblich gewachsenen Ei eine seltsame, ziemlich fordernde und eher furchteinflössende Kreatur.
In ihrem ersten Langspielfilm «Hatching», auf Deutsch «ausbrüten», verarbeitet die finnische Regisseurin Hanna Bergholm die schwierige und schmerzhafte Zeit des Erwachsenwerdens, durch die jeder Mensch einmal gehen muss. Ihre Protagonistin macht einen äusseren wie inneren Prozess der Verwandlung durch, für den Bergholm originelle und aussagekräftige Bilder gefunden hat. Sie bilden eine nicht immer schlüssige Geschichte, die aber durch ihr Lückenhaftes das Undurchschaubare und teils Irrationale der Pubertät nur noch unterstreicht.
Die bedrohliche Stimmung und das fantastische Element markieren den realen oft brutalen Schnitt zwischen Kindheit und Erwachsensein. Das Symbol des Monsters steht für den Übergang in einen anderen Zustand. Sowohl die Protagonistin als auch ihr Umfeld verstehen nicht recht, was mit ihr passiert, ihre Gefühle sind widersprüchlich, und es geht letztendlich darum, sich wieder neu aneinander und an die Welt anzupassen. Diese Anspannung inszeniert Bergholm in «Hatching» glaubwürdig. Allerdings ist die Mischung zwischen Horror und Coming-of-age an sich nichts Neues, man denke gerade an aus der Schweiz stammende bemerkenswerte Beispiele wie «Sarah joue au loup garou» von Katharina Wyss, «Blue My Mind» von Lisa Brühlmann und «Les particules» von Blais Harrison, doch bereichert auch «Hatching» das Genre mit einer eigenen Interpretation.
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