Resilient Man Frankreich, Grossbritannien 2023 – 91min.
Filmkritik
Im Kopf von Steven McRae
Der auf Dokumentarfilme spezialisierte Regisseur Stéphane Carrel widmet sich dem Tanz-Superstar Steven McRae und erzählt von seinem Kampf, nach einer Verletzung wieder auf der Bühne zu stehen.
Steven McRae, der 2003 den Prix de Lausanne gewann, hat sich im Laufe der Jahre zu einer der wichtigsten Persönlichkeiten in der Welt des Tanzes entwickelt. Als Startänzer beim renommierten Royal Ballet in London steckte er sein Herz und seine Seele in seine Karriere, ohne sich um seine Gesundheit zu kümmern. Doch 2019 verletzt er sich während einer Aufführung. Obwohl zunächst alles für ihn vorbei zu sein scheint, kann er sich motivieren und investiert alles in seine Rehabilitation. Das Ziel des Künstlers: wieder tanzen zu können!
2019 präsentierte der Dokumentarfilmer Stéphane Carrel den Film «De rage et de danse», der sich mit einer Gruppe von Schüler:innen beschäftigte, die Mitglieder der Akademie der Opéra National de Paris waren. Im Jahr 2022 wechselte er mit der Miniserie «Seule la danse, une année au conservatoire de Paris», die auf arte.tv zu sehen war, zum Fernsehen. Jetzt kehrt er zum Langformat zurück und verlässt die junge Generation, um seine Kamera auf ein Talent zu richten, das bereits in der Kunstlandschaft etabliert ist.
Direkt nach seinem Unfall taucht die Kamera in die Privatsphäre von Steven McRae ein: von der Rehabilitation über die Proben bis hin zu seinem Familienleben. In Off-Kommentaren, vor der Kamera oder in Gesprächen mit seinem Umfeld kommentiert er die Auswirkungen des Unfalls auf sein Leben. Seine Geschichte ist die vieler Tänzer:innen, die, zwischen Kunst und Sport stehend, Angst vor einer Verletzung haben, die sie dazu zwingen könnte, ihren Traum zu aufzugeben.
«Resilient Man» ist vor allem für Tanzprofis und -enthusiast:innen interessant, aber auch Laien können sich von den Proben und den Ausschnitten aus den Aufführungen verzaubern lassen. Die Anziehungskraft von Steven McRae ist spürbar, seine Bewegungen faszinieren. Ob auf der Bühne oder vor der Kamera, alle Blicke sind auf ihn gerichtet. Stéphane Carrel versucht jedoch zu sehr, ihn auf ein Podest zu stellen, und verwandelt sein Subjekt fast in einen romantischen Helden, der den grössten Ballettaufführungen würdig ist, riskiert damit aber, an Spontaneität zu verlieren.
Das Umfeld des Tänzers, das im Laufe des Films allgegenwärtig ist, ist besonders still und unauffällig. In einer Szene, in der Steven McRae seinem Freund Federico Bonelli mehrmals das Wort abschneidet, wirken ihre Stimmen unter dem Gewicht des Stars wie erstickt. Und obwohl er mit seinem Film das immer noch vorhandene Tabu der Verletzungen in der Welt des Tanzes brechen wollte, begnügt sich Stéphane Carrel damit, lediglich ein heroisches Porträt einer grossen Persönlichkeit des Tanzes zu schaffen. Das Ergebnis bleibt dennoch interessant und wertvoll.
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