High & Low - John Galliano Frankreich, Grossbritannien, USA 2023 – 117min.

Filmkritik

Der Fall des Wunderkindes

Filmkritik: Fanny Agostino

Nach den Porträts von Bob Marley (2012) und Whitney Houston (2018) erzählt der schottische Regisseur Kevin Macdonald nun von Galliano. Im Wechsel zwischen Archivmaterial und Kamerainterview mit dem Modeschöpfer schuf er eine unaufgeregte Dokumentation über den gefallenen Star.

Im Jahr 2011 sass John Galiano auf der Terrasse der Pariser Brasserie La Perle. Mit benommenem Gesichtsausdruck unterhält er sich mit zwei Frauen, die ihn ohne sein Wissen filmen. Er erzählt, dass er Hitler bewundere, und weist sie darauf hin, dass ihre Familien, wenn er noch am Leben wäre, durch Vergasung gestorben wären. Die Veröffentlichung des Videos in der Presse besiegelte den Sturz des Meisterschneiders, der von Dior entlassen und anschliessend vor Gericht gestellt wurde. Wie konnte es dazu kommen, dass der Liebling der Modeindustrie in so eine Situation geriet?

Galliano selbst erzählt seine Geschichte vor der Kamera. Die sehr konventionelle Erzählung beginnt mit seinen Anfängen an der Saint Martin's School of Art. Er spricht über seine Einflüsse, wie beispielsweise den Film «Napoleon» (1927) von Abdel Gance, der ihn zu seiner Abschlussmodenschau inspirierte. Die Geschichte wird chronologisch erzählt: Von den schwierigen Jahren ohne Finanzierung, über die Unterstützung von Anna Wintour bis hin zu Bernard Arnaud, der ihn als künstlerischen Leiter für Givenchy einstellt, bevor er bei Dior hochgestuft wird. Die Videoaufzeichnungen der Modenschauen geben einen Einblick in die Kreationen des Haute-Couture-Genies.

Der zweite Teil von «High & Low - John Galliano» ist eine Reihe von Rechtfertigungen für die Krise, die Galliano durchlebt. Der Selbstmord von Steven Ronbinson, seiner rechten Hand (Ateliermanager, bester Freund und Dealer), der ihn in eine dunkle Zeit stürzte, in der Alkohol und Schlaftabletten im Rausch konsumiert wurden. Einige Zeit später ist sein Freund Alexander McQueen an der Reihe. Der Hintergrund ist klar: Es wird alles getan, um Gallianos Eskapaden zu rechtfertigen. Der Betroffene selbst liefert in Interviews immer wieder zweifelhafte Gründe…

Kevin Macdonald hat seinen Dokumentarfilm wie ein Paparazzi gestaltet. Der ganze Film ist auf die Erwartung ausgerichtet, dass Galliano seine antisemitischen Äusserungen erklärt. Man wird allerdings feststellen müssen, dass die Neugierde nicht über die Leere hinwegtäuschen kann.

13.05.2024

2.5

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