L'Abbé Pierre - Une vie de combats Frankreich 2023 – 133min.

Filmkritik

Ein ungewöhnliches Schicksal

Filmkritik: Damien Brodard

Eine schöne Hommage an Abbé Pierre, die 2023 bei den Filmfestspielen in Cannes ausserhalb des Wettbewerbs gezeigt wurde – leider jedoch ohne vollends zu begeistern.

«L'Abbé Pierre - Une vie de combats» ist eine Erinnerung an das Leben von Henri Grouès (Benjamin Lavernhe), besser bekannt unter dem Namen Abbé Pierre. Von den Kapuzinermönchen als zu schwach abgewiesen, verzweifelte Grouès daran, einen Sinn in seinem Leben und seiner Hingabe an Gott zu finden. Von den Schrecken des Zweiten Weltkriegs bis zur Nationalversammlung sowie von den Notunterkünften bis zu den Strassen von Paris widmet Abbé Pierre sein Leben ganz der Nächstenliebe. Unterstützt wird er dabei von seiner Freundin Lucie Coutaz (Emmanuelle Bercot).

Etwas mehr als ein Jahr nach Simone Veil wird nun auch Abbé Pierre auf der Kinoleinwand porträtiert. Der neueste Spielfilm des Franzosen Frédéric Tellier ist ein Biopic und erfüllt alle Anforderungen an das bereits vielfach erprobte Genre. Dabei ist es vor allem wichtig, einen Darsteller zu finden, der in der Lage ist, eine solche Figur zu verkörpern. Benjamin Lavernhe, der in allen Szenen des Films zu sehen ist, beeindruckt durch seine Intensität und seine Fähigkeit, sich in die Rolle von Abbé Pierre zu versetzen. Schade ist nur, dass sich seine feinfühlige und komplexe Darstellung nach und nach in eine Performance verwandelt, die eher einer übertriebenen Imitation gleicht.

Der Klassizismus des biografischen Films tritt auch bei der Erzählung und der Inszenierung von Frédéric Tellier in den Hintergrund. Der Titel des Films weist zwar darauf hin, dass sich das Drehbuch zu Recht mit den Kämpfen von Abbé Pierre befasst, die Erzählung erlaubt sich jedoch fast keine Abweichungen und bleibt in einem didaktischen und chronologischen Raster. Die Filmstruktur bleibt klar und nie überraschend, genauso wie die Regie von Tellier, mit Ausnahme von einigen weniger konventionellen Versuchen.

Die bemerkenswerte Rekonstruktion der Kulissen und Kostüme der Epoche steigert die Glaubwürdigkeit der Erzählung. «L'Abbé Pierre - Une vie de combats» ist ein sorgfältig erstelltes Biopic, das zwar mit Leidenschaft gespielt wird, aber zu theoretisch ist, als dass das Interesse über die blosse Entdeckung eines aussergewöhnlichen Lebensweges hinausgehen könnte. Was schliesslich bleibt, ist die Vermittlung von Werten wie Toleranz und Akzeptanz.

08.04.2024

3

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Kommentare

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fgk

vor 6 Monaten

Eindrücklich, vor allem von das Vorhandensein einer Anima in der Person von Lucie Coutaz. Erst das Zusammenspiel dieser Zwei (Abbé Pierre und Lucie Coutaz) hat ein solches Lebenswerk ermöglicht. Auf WIKIPEDIA fehlt Lucie Coutaz gänzlich, was als stossend empfunden werden muss. Im Film sind vielleicht die theologischen Aspekte eher zu kurz gekommen. Trotzdem, der Film überzeugt.Mehr anzeigen


thomasmarkus

vor 7 Monaten

Eine Art österlicher Film mit Passionsszenen.
Nahe am Verrat, oder die Rückweisung der Frau.
Wenn vin der charismatischen Persönlichkeit auf die folgende Organisation geblickt wird.
Katholizismus lässt grüssen.


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