Orlando Frankreich 2023 – 98min.
Filmkritik
Das flexible Wesen des Geschlechts
Was ist Geschlecht? Wie beeinflusst es unsere Identität? Und was passiert, wenn man vom einen zum anderen wechselt oder sich entscheidet, sich gar nicht festzulegen? Das beschäftigt den Regisseur Paul B. Preciado sowie seine Darstellenden in «Orlando».
Die Figur des «Orlando» in Virginia Woolfs gleichnamigem Roman fasziniert den spanischen Regisseur Paul B. Preciado. Wie sie und viele andere Menschen, hat auch er eine geschlechtliche Verwandlung durchgemacht. Um deren und seinen Empfindungen Ausdruck zu verleihen, nimmt er sich die Inszenierung von Woolfs Roman vor. Er lädt Personen, die sich als nicht-binär oder transsexuell identifizieren, verschiedenen Alters, zwischen 8 und 70 Jahren ein, für die Rolle des Orlando vorzusprechen.
Zur Grundlage seines experimentellen Dokumentarfilms macht Regisseur Paul B. Preciado den Roman «Orlando» von Virginia Woolf. Für die Adaptation des Textes finden Vorsprechen und Probeaufnahmen statt. Die titelgebende Hauptfigur aus dem 16. Jahrhundert fasziniert den Regisseur in Bezug auf seine Geschlechtlichkeit: Über Nacht macht sie eine seltsame Verwandlung durch, vom Jungen wird sie zum Mädchen und bestreitet fortan in dieser Gestalt ihr Leben. Auf der Suche nach seinem Orlando, fährt der Regisseur eine bunte Schar von Personen verschiedenen Alters auf. Sie sollen nicht nur strikt Woolfs Text folgen, sondern bauen auch ihre eigene Lebenserfahrung in die Gespräche vor der Kamera mit ein.
Der Dokumentarfilm besteht aus einer dichten Folge von individuellen Aussagen. Zu Beginn wirken sie dynamisch, dann aber allmählich fühlen sie sich, da sie sich inhaltlich doch weitgehend ähneln, vor allem ermüdend – zum Teil aufdringlich – an. Regisseur Paul B. Preciado verhandelt im Film Autobiografisches, seine Darstellenden, wovon sich alle geschlechtlich als nicht-binär oder als transsexuell identifizieren, nutzt er als Alter-Ego, um Fragmente seiner eigenen Empfindungen auszudrücken. Eine kritische, analytische Sichtweise kommt nicht vor, der Schwerpunkt liegt eindeutig auf der subjektiven Wahrnehmung. Was daran berührt, ist die Schönheit der menschlichen Vielfalt, die hier inszeniert wird. Doch «Orlando» fehlt es an einer tiefgründigen Bedeutung und einer künstlerischen Eigenständigkeit.
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