Retour en Alexandrie Ägypten, Frankreich, Schweiz 2023 – 93min.
Filmkritik
Eine Reise durch ägyptische Landschaften
Der schweizerisch-ägyptische Regisseur Tamer Ruggli präsentierte am ZFF seinen ersten Spielfilm «Retour en Alexandrie». Ein persönlicher und herzlicher Film über den Heilungsprozess von Kindheitstraumata.
Sue (Nadine Labaki) ist vor 20 Jahren aus Ägypten geflohen. Sie lebt in der Schweiz und hat sich von ihrer Familie distanziert. Als sie jedoch von ihrer Tante erfährt, dass ihre Mutter Fairouz (Fanny Ardant) Opfer eines Anschlags wurde, packt sie ihre Koffer und fliegt in ihr Heimatland. Auf dem Weg zwischen Kairo und Alexandria wird Sue mit den Geistern ihrer Vergangenheit konfrontiert.
Nachdem er bereits mit seinen Kurzfilmen «Cappuccino» (2010) und «Hazel» (2012) auf internationalen Filmfestivals zu sehen war, präsentierte der Filmemacher Tamer Ruggli in Zürich, seiner Geburtsstadt, 2023 die Weltpremiere seines allerersten Spielfilms. Zwischen dem Leben des Regisseurs und seinem Werk fallen Parallelen auf – Realität und Fiktion scheinen sich zu vermischen. Indem er sich von der Geschichte der Frauen in seiner Familie inspirieren lässt, entsteht ein sehr persönliches Projekt des Filmemachers.
Von der Schweiz nach Ägypten, von Kairo nach Alexandria - während mehreren Zwischenstopps versucht Sue, die Wunden ihrer Kindheitstraumata zu heilen. Konfrontiert wird sie dabei durch die Stimme und den Geist ihrer Mutter und ihres früheren Selbst. Ruhig begleitet wird diese Zeitreise von Klassikern des arabischsprachigen Chansons, Vintage-Kostümen von Anne Van Brée und einer zarten Pastellästhetik, die durch die Kamera von Thomas Hartmeier und die wunderschönen Landschaften der Region hervorgehoben wird. Die Nostalgie ist spürbar und nimmt das Publikum mit auf eine Reise durch das Gedächtnis einer Familie und die Erinnerung an ein Ägypten aus einer anderen Zeit.
Um diese turbulente Beziehung zwischen einer Tochter und ihrer Mutter zu repräsentieren, engagierte Tamer Ruggli die berühmte französische Schauspielerin Fanny Ardant und die libanesische Schauspielerin Nadine Labaki («Costa Brava, Lebanon»). Zwei Legenden, die bereits beim Schreiben des Drehbuchs in seinem Kopf herumschwirrten. Mit ihrer unverkennbaren Stimme mildert Fanny Ardant jede abfällige Bemerkung, jede noch so kleine unpassende Äusserung. Nadine Labaki trägt den Film durch ihre konstante Präsenz auf der Leinwand. Auch wenn ihre Performance zunächst zaghaft beginnt, gewinnt sie im Laufe des Films immer mehr an Profil und erobert schliesslich mit ihrem Charisma das Publikum.
Obwohl es viele Ungenauigkeiten gibt und die Stilmittel manchmal ermüdend wirken – eine zerbrochene Tasse braucht den ganzen Film, um wieder zusammengefügt zu werden –, spendet die echte Herzlichkeit dem Publikum Trost, sodass es die Kinos mit der Musik aus einer anderen Zeit im Kopf wieder verlässt. Ein zutiefst aufrichtiger erster Spielfilm, der vor allem neugierig auf Tamer Rugglis zukünftige Projekte macht.
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